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George Soros

Wetten auf Europa. Warum Deutschland den Euro retten muss, um sich selbst zu retten

München: Deutsche Verlags-Anstalt 2014; 192 S.; 19,99 €; ISBN 978-3-421-04632-1
Dass Titel und Interview an sich bereits den Leser provozieren könnten, problematisiert Peter Schmitz gleich in der Einleitung. Dort verweist er auf die heftigen Reaktionen, die seine Gespräche mit George Soros im Spiegel und auf Spiegel Online, die in diesem Band zusammengeführt und durch Begleittexte eingebettet und ergänzt werden, hervorgerufen haben. Als Rechtfertigung für sein Buch führt Schmitz ein Zitat von Soros ins Feld: „Wer ist eher qualifiziert, das System zu reformieren, als jemand, der innerhalb dieses Systems erfolgreich war?“ (23) Zudem sei die Gruppe der Spekulanten, zu denen Soros gehöre, nicht der Personenkreis, der allein für die Euro‑Krise verantwortlich sei. Schmitz versteht es zudem, seine historische Darstellung der Entwicklung der EU in Bezug zum frühen Lebensschicksal von Soros zu setzen. Dazu spickt er seinen Text mit diversen bildlichen Zitaten renommierter Historiker und Journalisten, um der Dramaturgie seiner Erzählung die nötige Spannung zu verleihen und der sich anschließenden Argumentation von Soros den Boden zu ebnen. Diese zielt vor allem gegen die gegenwärtige Krisenpolitik der Bundesrepublik. So stellt Soros fest: „Deutschland […] scheint es bloß um Sanktionen und Strafe zu gehen, ohne dass das Land dem Rest Europas eine ähnlich positive Vision bietet, wie sie damals die Amerikaner auch den Deutschen boten“ (60). Neben einer Abkehr von dieser deutschen Politik in der EU, die er mit dem unnachgiebigen Kurs der Tea Party in den USA vergleicht, fordert Soros deshalb auch eine politische Union für Europa. In einer Tour d’horizon durch die weltpolitisch brisanten Themen warnt Soros am Ende seiner Ausführungen außerdem vor einer zweiten „Weltfinanzkrise“ (178) aufgrund der Verschuldungssituation der Privatwirtschaft in China sowie seines ungesunden Wachstumsmodells. Insgesamt vermögen es die beiden Interviewpartner jedoch nicht wirklich, den ambivalenten Eindruck auszuräumen, den der Titel des Bandes erweckt. Zwar sind die Beobachtungen dieses vielleicht inzwischen auch an seinem eigenen historischen Vermächtnis arbeitenden Milliardärs jüdischer Abstammung, in dessen Biografie sich die Brüche des 20. Jahrhunderts widerspiegeln, durchaus nachvollziehbar. Allerdings ist und bleibt Soros der Spekulant, der durch Wetten gegen einzelne europäische Währungen in früheren Zeiten sein Vermögen vermehrt hat.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 3.52.3243.1 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: George Soros: Wetten auf Europa. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37110-wetten-auf-europa_45467, veröffentlicht am 22.05.2014. Buch-Nr.: 45467 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken