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Clemens Heitmann / Thomas Schubert (Hrsg.)

Der 17. Juni 1953 in Sachsen. Ursachen, Ereignis, Wirkung und Rezeption

Berlin: Ch. Links Verlag 2013; 200 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-86153-747-2
Als sich vor gut einer Dekade der Aufstand des 17. Juni 1953 zum fünfzigsten Mal jährte, gab es eine ganze Reihe an Veröffentlichungen, Gedenkveranstaltungen, Vorträgen und anderen Initiativen, um an die Geschehnisse in der DDR zu erinnern. Zum sechzigsten Jahrestag wurde an der Universität Chemnitz eine Veranstaltung organisiert, die sich ebenfalls mit dem Aufstand auseinandersetzte, die aber andere, in der öffentlichen und wissenschaftlichen Debatte bisher nicht in dem Maße diskutierte Schwerpunkte setzte: „(1) Es galt zu eruieren, ob und mit welchen Fragestellungen derzeit zum Thema geforscht wird. (2) Nicht die Ereignisgeschichte sollte im Mittelpunkt stehen, sondern vielmehr deren Nachwirkungen in der Erinnerungskultur, ihre Rezeption in den Medien, in Politik und Gesellschaft sowie der Stellenwert des Datums in der Geschichte. (3) Um alle diese Fragen sollte sich – sofern möglich – ein regionalgeschichtlicher, ein sächsischer Rahmen spannen.“ (22 f.) Der Sammelband dokumentiert die von namhaften Wissenschaftler_innen präsentierten Tagungsbeiträge. In seinem Eingangsbeitrag fragt Ilko‑Sascha Kowalczuk kritisch, ob es vor dem Hintergrund der zahlreichen Veröffentlichungen, Veranstaltungen und massenmedialen Beiträge zu erwarten steht, dass eine weitere Beschäftigung mit dem Thema zu neuen Erkenntnissen führt. Gleichzeitig thematisiert er in erfrischend direkter Art und Weise die immer noch nicht ausgefochtenen Grabenkämpfe zwischen den mit dem Thema befassten Forscher_innen, die Kowalczuk als „geschichtspolitisch“ (32) – und nicht als wissenschaftlich – motivierte Auseinandersetzung begreift. In diesem Zusammenhang zeigt Kowalczuk anhand von mehreren Beispielen auf, dass sich einige Thesen und Annahmen zum 17. Juni 1953 in der Rezeptionsgeschichte als Tatsache durchgesetzt haben, sie aber bei genauerer Betrachtung sprachlich exakter gefasst, teilweise sogar korrigiert werden müssen. Alexander Gallus zeichnet in seinem Beitrag den westdeutschen Umgang mit dem 17. Juni 1953 als gesetzlichem Feiertag nach. Er verdeutlicht unter anderem mithilfe der Analyse von Bundestagsdebatten, parlamentarischen Gedenksitzungen sowie Feierstunden, dass es zu Zeiten des Kalten Krieges dynamische, zum Teil hitzige Deutungskämpfe um den bis 1990 bestehenden Tag der deutschen Einheit gab. Inzwischen aber haben die Juni‑Ereignisse ihre einst darin erblickte „mythogene Kraft“ (177) verloren.
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Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Clemens Heitmann / Thomas Schubert (Hrsg.): Der 17. Juni 1953 in Sachsen. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37099-der-17-juni-1953-in-sachsen_44924, veröffentlicht am 22.05.2014. Buch-Nr.: 44924 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken