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Sibylle Plogstedt

Wir haben Geschichte geschrieben. Zur Arbeit der DGB-Frauen (1945-1990)

Gießen: Psychosozial-Verlag 2013; 519 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-8379-2318-6
Die Arbeit von Gewerkschaften geht von der Idee von Solidarität und Gleichheit aus – schaut man allerdings auf ihre Geschichte, so muss konstatiert werden, dass die Gewerkschafterinnen den männlichen Mitgliedern viele auf diesen Prinzipien beruhenden Errungenschaften erst abtrotzen mussten. Die Journalistin und Soziologin Sibylle Plogstedt hat es sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der DGB‑Frauen zu schreiben. „Frauen müssen wissen, wie ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit entstanden ist und wie die ökonomische Unabhängigkeit. Und was es ihre Vorgängerinnen, die Schwestern von gestern, gekostet hat, den Kampf darum zu bestehen. Und wie viel ihnen dieses Ziel bedeutet hat“ (13). Um die bislang nur marginal in Publikationen berücksichtigte Leistung der DGB‑Frauen rekonstruieren und darstellen zu können, hat sich Plogstedt die ausführlichen Protokolle der DGB‑Bundesfrauenkonferenzen und der DGB‑Kongresse, die Rechenschaftsberichte der Abteilung Frauen und die Nachlässe einzelner Gewerkschafterinnen angesehen sowie biografische Interviews mit 15 einstmals in Führungspositionen tätigen Gewerkschafterinnen geführt. Herausgekommen ist ein interessantes und kurzweilig geschriebenes Buch, das die persönlichen Biografien der (späteren) Gewerkschafterinnen erzählt und sehr konkret auf die Forderungen und den Einsatz der DGB‑Frauen wie beispielsweise Thea Harmuth, Maria Weber, Irmgard Blättel, Monika Wulf‑Mathies und Veronika Keller‑Lauscher eingeht. Wie hart dieser Kampf war, zeigt sich beispielsweise an der langen Geschichte der Gesetze zur Gleichberechtigung, die über Jahrzehnte nicht Artikel 3 GG angepasst wurden: Die damals von den männlichen Mitgliedern im Parlamentarischen Rat nicht gewollte ökonomische und familiäre Gleichstellung der Frau wurde bereits von den vier weiblichen Ratsmitgliedern kritisiert, aber erst 1977 wurde die entsprechende Regelung auch unter dem Druck der DGB‑Frauen abgeändert. Damit wurde Frauen der Zugang zu der übergroßen Zahl an Berufen ohne Zustimmung des Ehemannes ermöglicht. Auch andere Forderungen wie beispielsweise gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit waren schon früh Thema für die DGB‑Frauen, sind aber trotz ihres Engagements noch nicht vollständig verwirklicht. Sibylle Plogstedt legt ein längst überfälliges Buch über engagierte Frauen innerhalb des DGB vor, die einen maßgeblichen Beitrag zur Einführung der heute von vielen als selbstverständlich erachteten Rechte geleistet haben.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.3132.3312.36 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Sibylle Plogstedt: Wir haben Geschichte geschrieben. Gießen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37078-wir-haben-geschichte-geschrieben_44937, veröffentlicht am 15.05.2014. Buch-Nr.: 44937 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken