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Frieder Wolf

Gewalt, Armut und Ignoranz. Die Arbeitsteilung zwischen Staat und privatem Sektor bei der Bearbeitung ausgewählter vernachlässigter Probleme – Deutschland im intra- und internationalen Vergleich

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Vergleichende Analyse politischer Systeme 2); 437 S.; 79,- €; ISBN 978-3-8487-0609-9
Habilitationsschrift Heidelberg; Begutachtung: M. G. Schmidt, A. Croissant. – „Gewalt, Armut und Ignoranz können als diejenigen Probleme angesehen werden, zu deren Bekämpfung die Gesellschaft des Staates besonders bedarf“ (17). In einem ausführlichen Theorieteil definiert Frieder Wolf vor dem Hintergrund dieser Aussage zunächst Charakteristika und Aufgaben des Staates und kontrastiert die staatlichen Funktionen mit denen des Privatsektors. Zu den privaten Akteuren zählt er neben Personen, Privathaushalten und Firmen auch gemeinnützige Stiftungen. Bei den theoretischen Ausführungen, in denen Wolf eine beeindruckende Literaturkenntnis offenbart, bedient er sich sehr vieler Direktzitate. Deshalb wird die Argumentationslinie bisweilen erst auf den zweiten Blick ersichtlich. Im Hauptteil wird die Arbeitsteilung zwischen dem staatlichen und dem privaten Sektor in mehreren Lebens‑ und Politikbereichen untersucht. Neben gängigen Themen wie der Alterssicherung, Bildungsfinanzierung sowie Forschung und Entwicklung analysiert Wolf mit den Härtefallkommissionen der Bundesländer, dem Bevölkerungsschutz bei Katastrophen sowie der Agro‑Biodiversität bei Bewirtschaftung durch kleinbäuerliche und Großbetriebe recht unerforschte Gebiete. Jede dieser sechs umfangreichen Einzelstudien basiert auf qualitativen Interviews und empirischem Datenmaterial. Er beschreibt die Entwicklung und aktuelle Relevanz des jeweiligen Themenbereichs, ehe die Situation in der Bundesrepublik mittels aufwendiger statistischer Vergleiche in den internationalen Kontext eingeordnet wird. Obgleich der Einfluss privater Akteure in Deutschland generell zugenommen habe, „verbleiben auf fast allen untersuchten Feldern zentrale Beiträge beim Staat“ (369). Undifferenzierte und „pauschale Patentrezepte“, die kompromisslos entweder eine Stärkung des Staats oder eine Ausweitung des Privatsektors forderten, ergäben „keinen Sinn“ (384). Ein lobenswerter erster Schritt zur Problembekämpfung könne gelingen, wenn die Abneigung gegen den Staat gemindert und die Sensibilität für gesellschaftliche Schieflagen erhöht würden. – Wolf bereichert die Analyse mehrfach mit interessanten Exkursen und verkleinert maßgeblich bestehende Forschungsdesiderate.
Stefan Müller (SMÜ)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Trinity College Dublin.
Rubrizierung: 2.343 | 2.3 | 2.32 | 2.325 | 3.5 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Stefan Müller, Rezension zu: Frieder Wolf: Gewalt, Armut und Ignoranz. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37068-gewalt-armut-und-ignoranz_45584, veröffentlicht am 08.05.2014. Buch-Nr.: 45584 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken