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Jonathan I. Israel / Martin Mulsow (Hrsg.)

Radikalaufklärung

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2014 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2053); 277 S.; 17,- €; ISBN 978-3-518-29653-0
Ideengeschichtlich betrachtet umfasst die radikale Aufklärung eine „Bewegung von Denkern, Schriftstellern, Pamphletisten und Reformern“ (wie Paine, La Mettrie oder van den Enden), die „in einem sehr viel energischeren Maß“ die „Vernunft“ und die „gesellschaftliche, religiöse und persönliche Freiheit“ (7) verehrten als die moderaten Vertreter der Aufklärung. Von Denkern wie Locke, Hume oder Voltaire unterscheidet sie ihr radikaler Atheismus oder Materialismus. Dennoch wird diese Bewegung als Phänomen und als „begriffliches Instrument“ zur Beschreibung der komplexen Ideenbewegungen der frühen Moderne in Europa und Nordamerika wahrgenommen. Um das politische Denken und die Philosophie in ihrer Vielfalt und Kohärenz zu erfassen, spüren die Autor_innen der präzisen Abgrenzung zwischen der moderaten und der radikalen Aufklärung nach. Zudem diskutieren besonders Jonathan Israel und Martin Mulsow Fragen der inneren Eingrenzung: Auf welche Ideentraditionen bauen die Angriffe auf das Christentum oder die Kritik am politischen Despotismus und an der gesellschaftlichen Unterdrückung im Werk einzelner Autoren auf? Der intrinsische Wert einer Textlektüre und ihre historisierende Durchdringung eint die Forscher_innen. Somit dokumentiert der Band den gegenwärtigen Forschungsstand zur Radikalaufklärung und verweist auf aktuelle Fragestellungen, stellt aber keine Einführung dar. Nicht nur mit Silvia Berti den „Kosmopolitismus“ und den „Radikalismus“ (94) hervorhebend, wird der Charakter einer solchen ideen‑ und philosophiegeschichtlichen Expedition deutlich: kritisches Hinterfragen von Religionen, die Verteidigung von individueller Selbstbestimmung und Freiheit oder die Ideale der Demokratie behalten ihre Gestalt auch in aktuellen politischen Verhandlungen. Die „Radikalen“ werden so zum wissenschaftlichen „Schlüssel“ (9) für die Erforschung der Aufklärung, ihrer Wurzeln und Triebe, aber auch ihrer Beziehung zur Französischen Revolution von 1789.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.42 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Jonathan I. Israel / Martin Mulsow (Hrsg.): Radikalaufklärung Frankfurt a. M.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37045-radikalaufklaerung_43828, veröffentlicht am 08.05.2014. Buch-Nr.: 43828 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken