Politikwiss. Diss. Mannheim; Begutachtung: H. Rattinger, H. Schoen. – Thomas Plischke verfolgt das Ziel, „die Interpretation des Zeitpunkts der Wahlentscheidung auf eine solidere theoretische Grundlage zu stellen“ (21) und untersucht die vergangenen Bundestagswahlen bezüglich des zeitlichen Wählerverhaltens. Der theoretische Teil geht weit über eine bloße Rekapitulation der Literatur hinaus: Plischke kategorisiert und vergleicht 41 Studien aus den vergangenen sieben Jahrzehnten über den Zeitpunkt der Wahlentscheidung. Dabei deckt er divergierende Ergebnisse und Interpretationen auf und kritisiert die definitorische Unschärfe bei der Typologisierung von Wähler_innen. So habe die häufige Gleichsetzung von „unentschlossenen“ und „noch nicht endgültig entschlossenen“ Wähler_innen zu „schwerwiegenden fehlerhaften Annahmen über die Bedeutung und Ursachen von spät getroffenen Entscheidungen geführt“ (30). Mit Blick auf die Bundestagswahlen von 1965 bis 2009 bestätige sich zwar, dass die Abnahme der Parteibindung und die Fragmentierung des Parteiensystems zu einer Verschiebung des Entscheidungszeitpunkts geführt haben. Dennoch sei „die Zunahme später Wahlentscheidungen wesentlich geringer [...] als bisher gedacht“ (295). Vor allem die wachsende Macht der Meinungsforschung sei dafür verantwortlich, dass fälschlicherweise ein verändertes Wahlverhalten angenommen werde. Die systematische Zusammenfassung bisheriger Studien und die eigenen empirischen Analysen sind bemerkenswerte wissenschaftliche Leistungen und erweitern den Forschungsstand über den Zeitpunkt der Wahlentscheidung. Im Fazit plädiert Plischke, zukünftig von der Formulierung „Spätentscheider“ abzusehen und stattdessen spezifischere Begrifflichkeiten wie „noch nicht mobilisierte Wähler, unentschlossene Wähler und Wechselwähler“ (293) zu nutzen. Indirekt zeigt allerdings auch diese empfehlenswerte Studie, wie schwer sich empirische Ergebnisse mit kategorisierenden Begrifflichkeiten widerspruchsfrei in Einklang bringen lassen.