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Berndt Keller / Hartmut Seifert

Atypische Beschäftigung zwischen Prekarität und Normalität. Entwicklung, Strukturen und Bestimmungsgründe im Überblick

Berlin: edition sigma 2013 (Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung 158); 179 S.; 15,90 €; ISBN 978-3-8360-8758-2
Die Autoren untersuchen Struktur und Bedingungen der Ausweitung atypischer Beschäftigungsverhältnisse seit den frühen 1990er‑Jahren. Ergänzend dazu loten sie Möglichkeiten aus, die negativen Effekte dieser prekären Arbeitsverhältnisse einzudämmen. Die Definition atypischer Beschäftigung und ihre Abgrenzung zum Normalarbeitsverhältnis ist an Kriterien orientiert, die auch für empirische Untersuchungen operationalisierbar sind: Einkommen, Beschäftigungsstabilität, Beschäftigungsfähigkeit und Integration in die Sozialversicherungssysteme. Damit sind Teilzeitbeschäftigungen, befristete Verträge, Minijobs sowie Leiharbeit und Soloselbstständigkeit erfasst. Hieran schließt sich eine Untersuchung des Umfangs und der Dynamik atypischer Beschäftigung an. Sie stützt sich auf Daten des Statistischen Bundesamtes, der Bundesagentur für Arbeit und des Sozio‑oekonomischen Panels. Trotz einiger Unterschiede in den Zahlen aus den verschiedenen Quellen ist eine Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse unstrittig. Davon sind insbesondere Frauen, Personen ohne Berufsabschluss und Ausländer betroffen. Kritisch sind vor allem die Kombination der Risikofaktoren und deren Langzeitwirkung. Ein Befund berichtigt die Befürworter der Hartz‑Reformen: Atypische Beschäftigung führt nur selten in ein reguläres Arbeitsverhältnis. Entscheidend für die Erklärung der Ausweitung prekärer Arbeit ist die geringe Macht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Durch politische Entscheidungen und gesellschaftliche Strukturveränderungen wurde ihr Einfluss gemindert. Gerade Gewerkschaften haben atypisch Beschäftigte erst ansatzweise als eigene Klientel entdeckt – und verbauen sich damit auch Zukunftsperspektiven. Um weitere soziale Verwerfungen zu verhindern, ist insbesondere ein Umsteuern seitens der Politik gefragt. Die bisherigen Deregulierungen stoßen bei den Autoren auf starke Ablehnung. Zu ihren Kernforderungen gehören ein gesetzlicher Mindestlohn, eine umfassende Sozialversicherungspflicht für Minijobber und Soloselbstständige sowie Risikoprämien für befristet Beschäftigte und Zeitarbeitnehmer für deren zusätzliche Flexibilität.
Daniel Gerstenhauer (DG)
M. A., Sozialwissenschaftler, Doktorand, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.342 Empfohlene Zitierweise: Daniel Gerstenhauer, Rezension zu: Berndt Keller / Hartmut Seifert: Atypische Beschäftigung zwischen Prekarität und Normalität. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36889-atypische-beschaeftigung-zwischen-prekaritaet-und-normalitaet_45215, veröffentlicht am 20.03.2014. Buch-Nr.: 45215 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken