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Annegret Eppler / Henrik Scheller (Hrsg.)

Zur Konzeptionalisierung europäischer Desintegration. Zug- und Gegenkräfte im europäischen Integrationsprozess

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Schriftenreihe des Arbeitskreises Europäische Integration e. V. 78); 346 S.; 64,- €; ISBN 978-3-8329-7900-3
Die „bestehenden Integrationstheorien [liefern] allenfalls Bruchstücke zur Erklärung und Einordnung des gegenwärtigen integrationspolitischen Krisengeschehens“ (21), stellen Annegret Eppler und Henrik Scheller fest. In der Einleitung legen sie wichtige theoretische Grundlagen, indem sie mögliche Ursachen für Integrations‑ und Desintegrationsprozesse systematisieren. Der theoretische Teil beinhaltet Überlegungen zur Anwendbarkeit bestehender Integrationsmodelle auf den gegenwärtigen Zustand der EU. Während zum Beispiel der Multi‑Level‑Governance‑Ansatz laut Arne Niemann und Julian Bergmann „keine zufriedenstellenden Antworten“ (50) gebe, könnten der Neofunktionalismus und Intergouvernementalismus bei einer Weiterentwicklung durchaus Zug‑ und Gegenkräfte erklären. Marcus Höreth und Dennis‑Jonathan Mann betrachten die Integration vor dem Hintergrund des Legitimations‑ und Demokratiedefizits der EU. Beide Faktoren wurden zwar häufig kritisiert – „trotzdem konnte die Diskussion keine so starken Gegenkräfte entfalten, dass [...] Rückbautendenzen erkennbar würden“ (111). In drei Beiträgen werden die Auswirkungen der Finanz‑ und Wirtschaftskrise untersucht. Daniela Schwarzer bewertet unter anderem die (Des‑)Integrationseffekte aller bisherigen Reformschritte zur Rettung der Gemeinschaftswährung. Die Maßnahmen seien zwar „in ihrer Substanz und Geschwindigkeit bemerkenswert“, könnten jedoch wegen fehlender demokratischer Legitimation und teils geringer Wirksamkeit „zu einer weiteren Destabilisierung des Systems von innen heraus beitragen“ (205). Obwohl Andreas Wimmel die Funktion der etablierten deutschen Parteien als Zug‑ und Gegenkraft untersucht, fehlt ein wichtiger Aspekt: Der Einfluss, den rechtspopulistische Parteien auf die europäische Integration nehmen, wird in keinem Beitrag explizit behandelt. Dennoch ist der Band empfehlenswert. Die Autor_innen fassen den gegenwärtigen Forschungsstand zusammen, analysieren die wichtigsten Politikfelder und decken Lücken in den gängigen Integrationstheorien auf. Um diese zu schließen oder zumindest zu verkleinern, sind viele weitere Studien notwendig. Für diese Debatte bietet der Sammelband einen sehr guten Ausgangspunkt.
Stefan Müller (SMÜ)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Trinity College Dublin.
Rubrizierung: 3.1 | 3.2 | 3.4 | 3.5 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Stefan Müller, Rezension zu: Annegret Eppler / Henrik Scheller (Hrsg.): Zur Konzeptionalisierung europäischer Desintegration. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36858-zur-konzeptionalisierung-europaeischer-desintegration_45157, veröffentlicht am 13.03.2014. Buch-Nr.: 45157 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken