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Frank Bösch / Peter Hoeres (Hrsg.)

Außenpolitik im Medienzeitalter. Vom späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Göttingen: Wallstein Verlag 2013 (Geschichte der Gegenwart 8); 343 S.; geb., 29,90 €; ISBN 978-3-8353-1352-1
Frank Bösch und Peter Hoeres legen ihren Sammelband zur Außenpolitik im vielzitierten „Medienzeitalter“ zu einem Zeitpunkt vor, an dem das Thema vor dem Hintergrund von Wikileaks, der NSA‑Affäre und den journalistisch begleiteten Enthüllungen Edward Snowdens nicht nur von geschichtswissenschaftlichem Interesse, sondern auch von tagespolitischer Aktualität erscheinen muss. Mit dem Hinweis auf den erschwerenden Umstand, dass es sich bei dem Feld der Außenpolitik um „das arkane Politikfeld schlechthin“ (8) handele, machen sich die Autorinnen und Autoren in dreizehn Fallstudien auf, die Frage nach dem Verhältnis von medialer Öffentlichkeit und Außenpolitik vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart zu beantworten und dabei den Einfluss einer gewandelten Öffentlichkeit auf die internationalen Beziehungen zu beleuchten. Erklärter Anspruch des Projekts ist es, den Austausch zwischen internationaler Historie, Diplomatie‑ und Mediengeschichte zu suchen und dabei auf die Analyse von politischen Einzelereignissen zugunsten der Betrachtung längerer Zeiträume zu verzichten. So macht Friedrich Kiessling für die Zeit vor 1914 ein „Paradox der Geheimdiplomatie“ (73 ff.) aus, weil Außenpolitik zwar durch die „Medienöffentlichkeit längst auch für Außenpolitiker wirklichkeitskonstituierend wirkte“, diese jedoch gleichzeitig von der „Überlegenheit der traditionellen diplomatischen Methoden [dies meint auch Geheimdiplomatie]“ (92) überzeugt blieben. Peter Hoeres versteht die Öffentlichkeit in seinem Aufsatz über die deutsche Atomwaffenpolitik in den 1960er‑Jahren als „Stichwortgeber und Vetomacht“ (253 ff.) und untersucht ihre Rolle in diesem Zusammenhang komplementär zur Politik der Geheimhaltung. Letztere sieht er dabei jedoch keineswegs als obsolet an, sondern diagnostiziert vielmehr einen Dualismus von Geheimem und Öffentlichem. Außenpolitik im Medienzeitalter scheint demnach durch die Versuche politischer Entscheidungs‑ bzw. Verantwortungsträger geprägt, sich in kontrollierter Ambivalenz den Einflüssen von Medien und Öffentlichkeit abwechselnd zu entziehen oder zu bedienen. Damit widersprechen die Erkenntnisse dieses Buchs nicht zuletzt ein Stück weit dem Narrativ des langsamen Niedergangs der Geheimdiplomatie zugunsten einer zunehmend durch die Öffentlichkeit beeinflussten Außenpolitik.
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 4.2 | 2.2 | 2.22 | 4.1 | 4.21 | 2.33 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Frank Bösch / Peter Hoeres (Hrsg.): Außenpolitik im Medienzeitalter. Göttingen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36538-aussenpolitik-im-medienzeitalter_44737, veröffentlicht am 19.12.2013. Buch-Nr.: 44737 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken