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Walter Leisner

Institutionelle Evolution. Grundlinien einer Allgemeinen Staatslehre

Berlin: Duncker & Humblot 2012; 139 S.; 22,- €; ISBN 978-3-428-13889-0
Walter Leisner wurde zwar 1998 als Staatsrechtslehrer der Universität Nürnberg‑Erlangen emeritiert, publiziert jedoch weiterhin beständig. Seine „Institutionelle Evolution“ stellt dabei – explizit aufbauend auf seinen bisherigen gesammelten Werken – den Versuch einer „Allgemeinen Staatslehre“ dar. Sie soll „kein Lehrbuch“ sein und keinen „Überblick im herkömmlichen Sinn“ (13) liefern. Vielmehr geht es Leisner um eine „Vielfaltsbetrachtung“ (Vorwort) der Sachgegenstände und Methoden einer solchen Lehre. Dabei verdienen aus seiner Sicht Institutionen und Ordnungsregeln sowie vor allem deren Evolution eine besondere Aufmerksamkeit. Dazu gibt Leisner einführend einen historisch‑systematischen Überblick über die Entwicklungslinien der Staatslehre von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Diese Darstellung bleibt aber kursorischer Natur. Im Folgenden wendet sich Leisner dann den „Grundlinien“ (46) und der „Methodik einer Allgemeinen Staatslehre“ (76) zu, die er anschließend durch eine Verdeutlichung mittels der eigenen Schriften zu untermauern sucht. Nicht nur für Nicht‑Juristen dürfte es sich dabei um einen Wust von nur schwer nachvollziehbaren Einzelideen und Überlegungen handeln. Ein roter Faden lässt sich allenfalls mit Mühe erkennen. Dies gründet darin, dass viele Gedankengänge, denen er in der Vergangenheit ganze Monografien gewidmet hat, nur angerissen werden und auch sprachlich in einer nur schwer erträglichen Verbrämung längst vergangener Tage daherkommen. Diverse Überlegungen weisen zudem eine eigentümliche Mischung zwischen (völkisch) grenzwertigem und esoterischem Großentwurf auf, wenn Leisner zum Beispiel mit Blick auf die staatliche Macht postuliert, dass der Staat „zum Allmächtigen des Diesseits“ (114) werde. Oder: „Wer immer auf Erden ‚Macht‘ innehaben und ausüben will, muss letztlich nach Allmacht streben“ (115). Auch bei der mehr oder weniger kritischen Diskussion von so abstrakten Begriffen wie „Monumentalstaat“ (114) und „Volksführer“ (123) vermag Leisner letztlich nicht vollends den Eindruck zu zerstreuen, dass er eigentlich Sympathien für autoritäre Formen der Staatsführung hegt. In der gesamten Darstellung schwingt ein gewisses Wehklagen über den vermeintlich in Auflösung begriffenen Nationalstaat einschließlich seiner Rechtsordnung mit. Bei seinen weit ausladenden Darstellungen vermag Leisner auch nicht wirklich überzeugend zu erklären, was nun Sinn und Zweck (s)einer „Allgemeinen Staatslehre“ sein soll – insbesondere, wenn im letzten Teil nur ex negativo herausgearbeitet wird, was sie alles nicht ist. Leider gilt sein eigenes Diktum am meisten für ihn selbst: Die Aufgabe einer allgemeinen Staatslehre „wird verfehlt, wenn allzu viel geboten werden soll an Grundsätzlichkeit, was fast immer in historischer Relativierung, letztlich in einem darstellenden Nebeneinander zu enden pflegt“ (133).
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 5.41 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Walter Leisner: Institutionelle Evolution. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36519-institutionelle-evolution_43145, veröffentlicht am 19.12.2013. Buch-Nr.: 43145 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken