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Henning Füller / Boris Michel (Hrsg.)

Die Ordnung der Räume. Geographische Forschung im Anschluss an Michel Foucault

Münster: Westfälisches Dampfboot 2012 (Raumproduktionen: Theorie und gesellschaftliche Praxis 15); 275 S.; 27,90 €; ISBN 978-3-89691-917-5
Obwohl der Bezug auf den Raum eine zentrale – wenn auch oft implizite – Rolle in Foucaults Schriften spielt, wurde dieser Aspekt in der deutschsprachigen Foucault‑Rezeption bislang kaum thematisiert. Dieses Manko versuchen die Herausgeber des Bandes auszugleichen, nicht zuletzt, um damit „bisherige Fallstricke der Rezeption zu vermeiden“: Die „Heuristik des Raums [unterstreicht] die Funktion des Nicht‑diskursiven und fordert zu einer notwendigen ‚Re‑Materialisierung‘ des Machtbegriffs Foucaults heraus“ (8). Denn Raum und räumliche Anordnungen stellen bei Foucault einen wesentlichen Aspekt gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse und damit einen zentralen Gegenstand der Machtanalyse dar. In diesem Sinne zielt der Sammelband auch nicht auf die Herausarbeitung von Eckpunkten einer umfassenden Foucault‘schen Raumtheorie, sondern darauf, „den Gewinn einer ‚geographischen‘, d. h. auf Raum orientierten Beschäftigung mit Foucault für ein breites Feld von Gegenständen und Fragestellungen deutlich zu machen und die Auseinandersetzung mit dieser hilfreichen Perspektive auf das Denken Foucaults anzuregen“ (16). Wie Nadine Marquardt und Verena Schreiber in ihrem Beitrag deutlich machen, basiert die Dominanz des Diskursiven – im sprachlichen Sinne – in der deutschen Foucault‑Rezeption vor allem auf einer sehr selektiven Aneignung seiner Schriften, die darauf zurückgeht, dass es in erster Linie wissenssoziologische und linguistische Ansätze waren, die Foucault in der deutschen Debatte verankert haben. Für Foucault selbst war der Raum aber keineswegs nur die Materialisierung diskursiver Praktiken. Die Beschaffenheit des Raumes stellt vielmehr eine wesentliche Voraussetzung für die Produktion von Macht und Wissen dar, wie insbesondere in Foucaults Publikation „Überwachen und Strafen“ ersichtlich wird. Deutlich wird dies auch in diesem Buch, etwa im Beitrag Marcus Termeers über den modernen Städtebau, über welchen die Trennung von Produktion/Reproduktion und damit auch geschlechtliche Zuweisungen in den Alltagsdiskurs übertragen werden, oder auch in Katharina Abdos Beitrag zum disziplinierenden Moment von Architektur am Beispiel eines Checkpoints im Westjordanland. Weitere Beiträge widmen sich zudem den von Foucault so genannten „Heterotopien“ (179) beziehungsweise „anderen Räumen, dem „automobilen Dispositiv“ (Katharina Manderscheid, 145) oder dem europäischen Migrationsregime. Obwohl das Buch in erster Linie dem Interesse einer detaillierteren Aufbereitung Foucault‘scher Erkenntnisse für die Geografie beziehungsweise Raumforschung geschuldet ist, richtet es sich doch zugleich an eine breitere sozialwissenschaftliche Leserschaft und stellt damit einen wichtigen Baustein in der deutschsprachigen Foucault‑Rezeption dar.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.2 | 2.21 | 2.263 | 2.27 | 5.42 | 5.46 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Henning Füller / Boris Michel (Hrsg.): Die Ordnung der Räume. Münster: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36394-die-ordnung-der-raeume_43637, veröffentlicht am 14.11.2013. Buch-Nr.: 43637 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken