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Paul Sörensen / Nikolai Münch (Hrsg.)

Politische Theorie und das Denken Heideggers

Bielefeld: transcript Verlag 2013 (Edition Moderne Postmoderne); 248 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-8376-2389-5
Inwiefern das Verhältnis Martin Heideggers zur Politik oder auch zur politischen Theorie jenseits der vielfach diskutierten Antrittsrede an der Universität Freiburg vom 27. Mai 1933 beschrieben werden muss, war Gegenstand einer Tagung an der Universität Jena im Mai 2012. Die Autor_innen des daraus entstandenen Sammelbandes suchen nach der Relevanz Heideggers für die politische Philosophie im 20. Jahrhundert mittels einer werkgeschichtlichen Vertiefung. Die Herausgeber formulieren drei Untersuchungsebenen. Innerhalb der persönlichen Ebene gilt es, Denker und Mensch oder das persönliche, politische Engagement von seiner Philosophie zu trennen. In dem Band kommt dies allerdings zu kurz. Innerhalb der zweiten, werkorientierten Ebene untersuchen die Autor_innen Denkfiguren Heideggers, die eine Anknüpfung an politiktheoretische und philosophische Fragestellungen bieten. Dazu zählt die von Florian Grosser gezeichnete Begriffslinie vom „Mitsein“ zum Gemeinschaftsbegriff Heideggers, den er keineswegs als Prozess der Radikalisierung zur Volksgemeinschaft liest. Vielmehr entwerfe Heidegger im „Mitgehen“ ein Modell, das „die Andersheit des Anderen“ (32) auf dem Weg zur Mitwelt formuliere. Ganz im Sinne der Motiv‑ und Perspektivensuche agiert auch Tatjana Noemi Tömmel, die Heideggers Liebesbegriff in der Tradition des Anerkennungsgedankens zu verorten sucht. Die dritte Ebene thematisiert Momente der Anknüpfung, Rezeption und Abgrenzung. Dabei setzt sich Oliver Flügel‑Martinsen kritisch mit dem Begriff des „Linksheideggerianismus“ im modernen Denken einer politischen Differenz oder Kontingenz des Politischen auseinander. Er diagnostiziert zum Beispiel bei Chantal Mouffe die „Tendenz zu einer ontologischen Überhöhung des Konflikts“ innerhalb des politischen Denkens, die kritisch hinterfragt werden müsse. Insgesamt werfen die Autor_innen Schlaglichter auf das Fehlen oder den Entwurf einer politischen Philosophie bei Heidegger. Das Gewicht seines Denkens kann zunächst mit „Anregungsreichtum“ (175) beschrieben werden. Die Frage nach seiner politischen Verortung bleibt weiter offen.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.46 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Paul Sörensen / Nikolai Münch (Hrsg.): Politische Theorie und das Denken Heideggers Bielefeld: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36356-politische-theorie-und-das-denken-heideggers_44464, veröffentlicht am 31.10.2013. Buch-Nr.: 44464 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken