Zu einer Zeit, als die etablierte Geschichts‑ und Politikwissenschaft die „Täterforschung“ noch nicht entdeckt hatte, waren es nur wenige akademische Außenseiter, die beharrlich nach der Identität und dem Verbleib der konkreten Täter der nationalsozialistischen Verbrechen gefragt haben. Dazu zählt der Publizist und studierte Theologe Ernst Klee. Nach mehreren Dokumentationen und Personenlexika aus seiner Feder liegt nun ein umfassendes biografisches Handbuch zum Auschwitz‑Komplex vor. Es ist zugleich das letzte Werk von Ernst Klee, der im Mai 2013 im Alter von 71 Jahren verstorben ist. Dieses Lexikon enthält über viertausend biografische Einträge. Porträtiert werden in den meist knappen Artikeln mehrere Tausend SS‑Funktionsträger unterschiedlichster Ränge, die innerhalb und außerhalb des Lagers am Betrieb des Komplexes beteiligt waren. Es finden sich nicht nur Einträge zu bekannten Funktionsträgern aus dem SS‑Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WHVA), wie beispielsweise zum WHVA‑Chef Oswald Pohl oder dem KZ‑„Chefarzt“ Enno Lolling, sondern auch zu vielen Tausend „kleinen Rädchen“ der KZ‑Maschinerie: Verwaltungsmitarbeiter, Aufseher, Folterer, Tötungsspezialisten, Vernehmer, KZ‑Ärzte und andere. Aufgenommen wurden auch die Biografien von etwa vierhundert Häftlingen, so von Funktionshäftlingen oder Opfern von Medizinverbrechen. Das Ausmaß der Rechercheleistung, die in dem 500‑seitigen Werk steckt, ist kaum zu ermessen. Denn das Lexikon versammelt viele Namen derer, die im KZ selbst namenlos waren: „Die Gefangenen wurden mit ihrer Häftlingsnummer angesprochen und die Bewacher mit dem SS‑Rang. Wer als Angehöriger des SS‑Totenkopf‑Sturmbann KL Auschwitz mordete, blieb meist anonym“ (10). Abgerundet wird das Werk durch ein Literatur‑ und Quellenverzeichnis sowie ein nützliches Sachregister.