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Christoph Schefold

Das Regime verkehrter Toleranz. Untersuchungen zu John Rawls, Rainer Forst und aktuellen Fragen

Berlin: Duncker & Humblot 2013 (Beiträge zur Politischen Wissenschaft 177); 641 S.; 68,90 €; ISBN 978-3-428-14120-3
Den Ausgangs‑ und Angelpunkt der Überlegungen des habilitierten Juristen Christoph Schefold bildet eine Auseinandersetzung mit den Schriften John Rawls. Im ersten von drei Teilen des Buches, das noch in alter Rechtschreibung verfasst ist, fokussiert er dessen Moralphilosophie und stellt sie in Kontrast zu den Gedanken von Nikolaus von Kues und Jaques Maritain. Überdies greift der Autor im zweiten und ausführlich im dritten Teil die Arbeiten von Rainer Forst kritisch auf. Schefolds – sich bereits im Buchtitel spiegelnde – ablehnende Haltung gegenüber den Überlegungen der beiden politischen Philosophen ergibt sich auch aus der Zielstellung der Abhandlung. So intendiert er mit seiner Argumentation, „daß das eine oder andere quasiliberale Denksystem mit all seinem Einfluß bald nur noch der Vergangenheit angehört und die rechtlich‑politische Praxis daraufhin sich bessert“ (23). Die weitreichende Auseinandersetzung mit den Werken beider von ihm kritisierten Autoren spitzt er auf den Begriff der Toleranz zu. Diese scheint für Schefold vor allem deswegen verkehrt, weil sie auf den Kompromiss und minimalen Konsens fokussiere und so allerlei akzeptierbar mache. Demokratie als an festen Werten orientiertes Konzept bedürfe jedoch einer Wahrheit und werde durch eine Verhandelbarkeit aller Werte ausgehöhlt. Schefold selbst versteht Toleranz „als eine Aufgabe [...], die man als ein Mensch guten Willens hat primär in bezug auf den Anderen selbst, an dem einen etwas aufregt, und sekundär in bezug auf das Störende, das sich bei genauerem Hinschauen als eine nicht zu dramatisierende Eigenheit bzw. Beschränktheit, als eine durchaus zu mißbilligende, vielleicht dennoch zu tolerierende Unart oder als eine möglichst gar nicht mehr abzulehnende Eigenart herausstellt“ (18). Eine solche Toleranz müsse sich an klaren Wertmaßstäben orientieren. Als „aktuelle Fragen“ (488) diskutiert Schefold abschließend die Folgen der hegemonialen Stellung einer durch Rawls und Forst vertretenen Denkweise. Unmissverständlich gibt der Autor sein Missfallen der hohen Reputation von Rawls und Forst zu erkennen. Abgesehen davon verlangt das Buch jedoch sprachlich und stilistisch ein aufmerksames und konzentriertes Lesen, um die Argumentation nachzuvollziehen zu können.
Luisa Lemme (LL)
M. Ed., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Universität Bremen.
Rubrizierung: 5.42 | 5.46 Empfohlene Zitierweise: Luisa Lemme, Rezension zu: Christoph Schefold: Das Regime verkehrter Toleranz. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36284-das-regime-verkehrter-toleranz_44521, veröffentlicht am 10.10.2013. Buch-Nr.: 44521 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken