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Dalinç Dereköy

Demokratische Elemente und Gewaltenteilung im islamischen Staatsorganisationsrecht

Berlin: Duncker & Humblot 2013 (Beiträge zur Politischen Wissenschaft 176); 324 S.; kart., 82,90 €; ISBN 978-3-428-13908-8
Rechtswiss. Diss. Düsseldorf; Begutachtung: R. A. Lorz, M. Morlok. – Die pauschalen Aussagen darüber, dass der Islam mit der Demokratie nicht vereinbar sei, sind mittlerweile differenzierteren Ansichten gewichen. Diese Entwicklung wird auch durch die Dissertation von Dereköy befördert. Der Autor kann aufzeigen, dass sich in den für die Scharia relevanten Bereichen des Staatsorganisationsrechts und in den Verfassungen der Staaten, die sich als islamische Gesellschaft verstehen, demokratische Elemente und Formen der Gewaltenteilung aufspüren lassen – was nicht unbedingt neu ist, aber in dieser Ausführlichkeit doch Beachtung verdient. Voraussetzung dafür ist jedoch – man ahnt es – eine moderne Interpretation der islamischen Glaubensschriften. Als zentrales Merkmal westlicher Demokratien sieht Dereköy an, dass der Mensch im Mittelpunkt steht und der Schutz sowie die Verteidigung seiner Rechte das verbindende Element aller westlichen Demokratien ist. Dies ist dann der Vergleichsmaßstab für die weitere Untersuchung der Forschungsfrage. Allerdings merkt der Autor an, dass es hierbei nicht um ein liberales Demokratieverständnis, wie es im Westen vorherrsche, gehen könne, sondern eine „islamische Demokratieform, mithin sui‑generis‑Demokratien“ (34) dargestellt werden. Dies beginne schon damit, dass der islamische Glaube seine Verwirklichung in allen Bereichen des Lebens verlange und damit das oberste Prinzip in einer islamischen Demokratie bleibe. Darüber hinaus bedeute dies zudem, dass eine Legitimierung der Demokratie für Muslime nur aus dem Islam heraus annehmbar und eine Trennung zwischen Religion und Staat, wie im Westen, nicht möglich sei. Während diese beiden Punkte eine eingehendere Vertiefung verdient hätten, ist für Dereköy bedeutungsvoll, dass es trotz dieser Unterschiede zum westlichen Demokratieverständnis möglich sei, aus dem islamischen Glauben heraus fundamentale Rechte für Individuen zu schützen. Es würde den Rahmen sprengen, genau zu zeigen, wie der Autor seine These der Vereinbarkeit nachweist. Er tut dies aber unter anderem, indem er argumentiert, dass sich die Schura – ein islamischer Konsultationsprozess – in einer demokratiefreundlichen Interpretation eigne, um demokratische oder zumindest demokratieähnliche Formen der Rückbindung des Souveräns an den Volkswillen zu gewährleisten. Ähnliches gelte für die Gewaltenteilung zwischen den drei öffentlichen Gewalten. So kommt der Autor abschließend zu dem Fazit, dass der islamische Staat jegliche Staatsform und Staatsstruktur begründen [kann], die nicht dazu führt, dass die sharia umgangen bzw. ausgehöhlt wird" (305).
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.21 | 2.23 | 2.63 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Dalinç Dereköy: Demokratische Elemente und Gewaltenteilung im islamischen Staatsorganisationsrecht Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36276-demokratische-elemente-und-gewaltenteilung-im-islamischen-staatsorganisationsrecht_44280, veröffentlicht am 10.10.2013. Buch-Nr.: 44280 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken