Am Beispiel Eritreas nimmt Abdulkader Saleh Mohammad drei Aspekte eines fragilen Staatsgründungsprozesses in den Blick: Erstens geht es ihm darum, exemplarisch anhand der Saho zu zeigen, wie ethnische Minderheiten im Zuge nationaler Einigungsprozesse marginalisiert, diskriminiert oder gar unterdrückt werden. Zweitens will er die ethnische Gruppe der Saho in ihren sozio‑ökonomischen sowie kulturellen Charakteristika umfassend vorstellen. Drittens beleuchtet er die Konfliktursachen und den Verlauf der Auseinandersetzungen über den Prozess der nationalen Einigung Eritreas in seinem Zeitverlauf – angefangen von der durch Großbritannien geprägten Kolonialzeit über die Unabhängigwerdung bis hinein in die Gegenwart. Im Zuge seiner Darstellung kommt Mohammad zu dem Ergebnis, dass nationale Einigungsprozesse auf der einen und ethnische Minderheiten mitsamt ihrem Bemühen um Identitätswahrung auf der anderen Seite in einem unaufhebbaren Konfliktverhältnis zueinander stehen. Nach nationaler Einheit strebende Gruppen – in Eritrea besonders die People‘s Front of Democracy and Justice (PFDJ) – würden ihrem Selbstverständnis nach nicht aufhören können, Homogenitätsimperative gegen Minderheitengruppen durchzusetzen. Auf der anderen Seite trage dieser Druck, so Mohammad, innerhalb der betroffenen Community oder ethnischen Minderheit zu einer erhöhten Kohäsion nach innen und zu einer weiteren Abschottung nach außen bei. Der Konflikt um nationale Homogenisierung und partikulare Selbstbestimmung perpetuiere sich somit selbst. Für Analysen, die sich mit der gesellschaftspolitischen Verfasstheit Eritreas in der jüngeren Vergangenheit sowie in der Gegenwart beschäftigen, bietet die vorgelegte Studie in ihrer deskriptiv‑historischen Ausrichtung interessante Anknüpfungspunkte.