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Astrid Geisler

Piratenbraut. Meine Erlebnisse in der wildesten Partei Deutschlands

Köln: Kiepenheuer & Witsch 2013; 233 S.; brosch., 16,99 €; ISBN 978-3-462-04530-7
„Wenn ihr die Basisdemokratie weiter so radikal umsetzen wollt wie im Moment, dann müsst ihr Liquid Feedback endlich korrekt implementieren und zur Entscheidungsinstanz erheben. Die Abstimmungsergebnisse müssen verbindlich werden. Nur ist genau das bisher nicht passiert“ (230), schreibt Geisler am Ende ihres Buches in einem fiktiven Brief an ihre Parteifreunde. Zuvor hat sie ihre ersten sieben Monate als Mitglied der Piratenpartei Revue passen lassen. Auf unterhaltsame Weise gewährt sie dabei auch Einblicke in ihre Gemütslage: Als ehrenamtliche Helferin engagiert sie sich nach ihrem Parteieintritt im Mai 2012 zunächst in der an eine „Männer‑WG“ (14) erinnernde Bundesgeschäftsstelle – bis ihr Freund rät: „Sag diesen Typen, du putzt keine Parteiklos“ (87). Außerdem geht sie häufig zu den Treffen ihrer „Crew“ (Basisgruppe) und verschiedener „Squads“ (Arbeitskreise). Als „ein irres Gefühl“ beschreibt sie die Möglichkeit, „am Gartentisch als Parteineuling einfach mal ein paar Passagen für ein Bundestagswahlprogramm zu entwerfen“ (115). Diese Option führte jedoch auch zu dem, wie sie schreibt, „vielleicht bitterste[n] Moment in meiner Zeit als Piratin“ (204). Denn ihre familienpolitischen Vorschläge fanden eine so geringe Zustimmung, dass „rechnerisch […] noch fünfzehn Parteitage vergehen, bis unser Projekt drankäme“ (224). Mit den Widrigkeiten der Basisdemokratie wird Geisler bereits auf ihrem ersten Bezirksparteitag konfrontiert, als fast drei Stunden über die Tagesordnung abgestimmt wird. Die Berliner Journalistin macht zudem auf weitere organisatorische Schwierigkeiten aufmerksam: Versehentlich schickte man ihr gleich zwei Mitgliedsnummern, dafür wartete sie monatelang auf den Zugangscode für die Abstimmungsplattform Liquid Feedback. Theoretisch wäre sie mit zwei Mitgliedsnummern in der Lage gewesen, Abstimmungen zu manipulieren. Neben der Lösung für solche Probleme müsse sich die Piratenpartei auch um ihre hierarchisch‑politische Organisation kümmern, wenn sie langfristig erfolgreich sein will. Denn ohne „professionellere Strukturen droht sich das Durcheinander in absehbarer Zeit noch zu multiplizieren“ (227).
Hendrik Träger (HT)
Dr., Politikwissenschaftler, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Institut für Politikwissenschaft, Universität Magdeburg und Institut für Politikwissenschaft, Universität Leipzig.
Rubrizierung: 2.331 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Träger, Rezension zu: Astrid Geisler: Piratenbraut. Köln: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35851-piratenbraut_43793, veröffentlicht am 19.06.2013. Buch-Nr.: 43793 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken