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Ernst Lokowandt

Der Tennō. Grundlagen des modernen japanischen Kaisertums

München: iudicium 2012; 164 S.; kart., 15,- €; ISBN 978-3-86205-136-6
Das aus teils schon veröffentlichten Artikeln bestehende Werk gibt einen Überblick zum japanischen Kaisertum und dem Tennō, wie der Begriff für den japanischen Kaiser lautet. Zu Beginn beschreibt Ernst Lokowandt kurz die Verwurzelung des Tennōs in der Religion des Shintō, einer fast ausschließlich in Japan praktizierten Religion – eine Sonnengottheit wird als seine Ahnherrin angesehen. Lokowandt erläutert, dass dementsprechend der Kaiser als eine „sichtbare Gottheit“ (14) verstanden werde, da er als oberster Priester des Shintō die wichtigsten Zeremonien ausführe. Historisch komme dem Tennō eine zentrale Bedeutung zu, denn im Gegensatz zu anderen Teilen der Welt wie etwa Europa, in denen die königliche Legitimität von Gottes Gnaden ausgegangen sei, sei der Kaiser in Japan „als letzte Quelle der Legitimation unentbehrlich“ (13). Lokowandt legt die Funktionen und Aufgaben des Kaisers im Altertum, in dem der Herrschaftsbereich mit kriegerischen Mitteln auf ganz Japan ausgedehnt wurde, und sehr ausführlich für der Meiji‑Zeit dar, in der eine Politisierung und Vergöttlichung des Kaisers stattfand. Die politische Bedeutung ließ nach dem Zweiten Weltkrieg stark nach, da der Kaiser erstens selbst seine Göttlichkeit widerrufen musste und zweitens eine Trennung von Staat und Religion festgelegt wurde. Seitdem wird der Shintō in der japanischen Verfassung nicht mehr als Grundlage des Tennō erwähnt. Laut Artikel 1 der japanischen Verfassung ist der Kaiser weiterhin Symbol Japans und der Einheit des japanischen Volkes, seine Stellung beruht nun jedoch auf dem Willen des Volkes. Gleichwohl lässt sich dem Autor zufolge die Verfassung Japans so interpretieren, dass mit dem Verweis auf den Tennō auch die religiösen Grundlagen des Kaisers in die Verfassung inkorporiert wurden. In der Praxis tritt der Kaiser in seiner Funktion als oberster Priester des Shintō noch häufig als religiöser Akteur auf. Lokowandt sieht diese in der japanischen Gesellschaft nicht unumstrittene Verbindung des staatlichen Kaisers zur Religion jedoch als notwendig an, da andernfalls der Tennō als rein säkulares Staatsoberhaupt „von der Bildfläche verschwinden“ würde. Nur aus dieser religiösen Verbindung, die durch die Durchführung der religiösen Zeremonien immer wieder neu belebt werde, könne er seine Autorität schöpfen und ein „vereinendes Element des Zusammenhalts des Staates“ (117) sein.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.68 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Ernst Lokowandt: Der Tennō. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35815-der-tennō_43481, veröffentlicht am 16.05.2013. Buch-Nr.: 43481 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken