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Lorenz Knauer

Soziale Gewaltordnungen in innerstaatlichen Konflikten

Freiburg i. Br.: Arnold-Bergstraesser-Institut 2011 (Freiburger Beiträge zu Entwicklung und Politik 40); 145 S.; brosch., 13,- €; ISBN 978-3-928597-63-0
Innerstaatliche Gewaltkonflikte zeichnen sich unter anderem durch ihre lange Dauer aus. Sie „schwelen Jahrzehnte lang vor sich hin, erlöschen für eine kurze Weile, flammen dann aber mit neuer Wucht wieder auf, wodurch die scheinbar so klar definierbare Grenze zwischen Krieg und Frieden relativiert wird“ (11). Vor diesem Hintergrund fragt Lorenz Knauer, wie sich innerstaatliche Gewaltkonflikte auf die gesellschaftlichen Strukturen auswirken und inwiefern sie neue Formen der sozialen Gewaltordnung hervorbringen. Der Autor kritisiert zunächst die „Staatszentriertheit“ und „Ursachenfixiertheit“ (22) der klassischen Konfliktforschung. Dadurch werde der Blick einerseits auf die sozialen Ordnungssysteme, die jenseits des Staates bestehen, sowie andererseits auf die Mechanismen und Dynamiken innerstaatlicher Gewaltkonflikte verstellt. Um die Komplexität sozialer Transformationsprozesse in Räumen prekärer Staatlichkeit zu erklären, entwickelt der Autor einen primär soziologischen Erklärungsrahmen. Den Ausgangspunkt bildet die Annahme, dass bewaffnete Konflikte nicht nur gesellschaftliche Ordnungssysteme zerstören, sondern zugleich neue soziale Ordnungsformen schaffen und damit die Grundlage für eine soziale Reorganisation darstellen. Als Auslöser für diesen Wandel stellt der Autor im Theoriekapitel zwei interdependente Faktoren heraus: prekäre Staatlichkeit und spezifische Motivlagen der Kämpfenden. Anschließend analysiert er den Prozess innerstaatlicher Konflikte mit Beispielen aus Afrika und setzt sich mit den Folgen des Wandlungsprozesses auseinander. Hierbei greift Knauer auf zahlreiche Annahmen und Erkenntnisse aus der jüngeren Konfliktforschung zurück und betrachtet diese im Lichte seiner zuvor angestellten theoretischen Überlegungen. So lässt sich die These, dass gewaltsame Auseinandersetzungen „zwangsläufig in einen Naturzustand à la Hobbes bzw. in die pure Anarchie münden“ (128), nicht belegen. Auch greifen typische Entweder‑Oder‑Zuschreibungen wie zum Beispiel die Entpolitisierungsthese hinsichtlich der Motivation von Gewaltakteuren oftmals zu kurz. Insgesamt kann Knauer aufschlussreich darlegen, dass ein differenzierter Blick jenseits disziplinärer Grenzen auf die Problematik innerstaatlicher Gewaltkonflikt äußerst lohnenswert ist.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.25 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Lorenz Knauer: Soziale Gewaltordnungen in innerstaatlichen Konflikten Freiburg i. Br.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35783-soziale-gewaltordnungen-in-innerstaatlichen-konflikten_43421, veröffentlicht am 28.03.2013. Buch-Nr.: 43421 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken