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Henning Ottmann

Geschichte des politischen Denkens. Band 4: Das 20. Jahrhundert. Teilband 2: Von der Kritischen Theorie bis zur Globalisierung

Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler 2012 (Geschichte des politischen Denkens. Von den Anfängen bei den Griechen bis auf unsere Zeit); XIV, 418 S.; kart., 19,95 €; ISBN 978-3-476-02334-6
Die Geschichte des politischen Denkens aus der Feder Henning Ottmanns hat mit diesem Buch ihren Abschluss gefunden (Teilband 1 siehe Buch-Nr. 8859). Inwiefern es sich dabei um eine krönende Vollendung handelt, ist im Folgenden zu diskutieren. Thematisch wird ein umfangreiches Panorama ausgebreitet, das vom Existentialismus über die Kritische Theorie bis hin zur Renaissance der Vertragstheorie reicht. Nun kreisen die einzelnen Themenblöcke aber nicht wie fensterlose Monaden umeinander, sondern Ottmann versteht es, Bezüge herzustellen und gegenseitige Beeinflussungen deutlich zu machen. Zugleich gelingt ihm die Verbindung von Werk und historisch-biografischem Kontext. Obwohl Ottmann zuzustimmen ist, dass die Kritik, warum dieser oder jener Autor keine Beachtung erfährt, nicht immer nachzuvollziehen sei, lässt sich gleichwohl kritisch fragen, in welchen Rang die von ihm nicht behandelten Autoren verwiesen werden. Warum beispielsweise das krude Manifest Valerie Solanas, die auf Andy Warhol schoss, überhaupt eigenständig diskutiert werden muss, während Denker wie z. B. Hans Kelsen, Ernst Fraenkel oder Friedrich August von Hayek nur randständig erwähnt werden, muss befremdlich anmuten. Es stellt sich also die Frage, ob der begrenzte Platz nicht anderweitig sinnvoller auszufüllen gewesen wäre oder ob Ottmann Gefallen an „literarisch minderwertig[en]“ (194) und theoretisch dürftigen Schriften des Feminismus gefunden hat, um deren in Teilen abstruse Thesen im Nachgang genüsslich zu sezieren. Ein weiterer Wermutstropfen ist eine gewisse Voreingenommenheit gegenüber kosmopolitischen Denkansätzen, obgleich sich Ottmann doch bewusst ist, dass globale Probleme nicht allein nationalstaatlich zu lösen sind und sich ein Völkerrecht herausbildet, das eben auf universalistischen und abstrakten Prinzipien beruht. Es zeugt hingegen von Redlichkeit, wenn er offen zugibt, dass er der Sittlichkeit näher steht als abstrakten und universalen Moralgrundsätzen. Bei allem utopischen Überschuss mancher kosmopolitischer Denkansätze sollte man dennoch nicht das Kind mit demBade ausschütten.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 5.4 | 5.46 | 5.42 | 2.27 | 5.43 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Henning Ottmann: Geschichte des politischen Denkens. Band 4: Das 20. Jahrhundert. Stuttgart/Weimar: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35659-geschichte-des-politischen-denkens-band-4-das-20-jahrhundert_43049, veröffentlicht am 29.11.2012. Buch-Nr.: 43049 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken