Skip to main content
Arnd Bauerkämper

Das umstrittene Gedächtnis. Die Erinnerung an Nationalsozialismus, Faschismus und Krieg in Europa seit 1945

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2012; 520 S.; 58,- €; ISBN 978-3-506-77549-8
Den zahlreichen Beiträgen zur Holocaust- und Kriegserinnerung in Europa fügt der Lehrstuhlinhaber für Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der FU Berlin Bauerkämper einen weiteren gewichtigen hinzu. Bei diesem Band handelt es sich um ein Teilprojekt eines umfassenden Forschungsvorhabens zu transnationalen Gesellschaftskonstruktionen im 20. Jahrhundert. Bauerkämper widmet sich primär Erinnerungskonflikten in Bezug auf das „Verhalten in den faschistischen Diktaturen, im Nationalsozialismus, in den Kollaborationsregimen und gegenüber dem Holocaust“ (17). Auf der Grundlage neuerer wissenschaftlicher Literatur untersucht der Autor dabei 14 europäische Länder nach 1945 beziehungsweise deren Nachfolgestaaten nach 1989/91. Darunter finden sich einige, die in der deutschsprachigen Forschung sonst eher randständig behandelt werden – etwa Norwegen, Dänemark und Schweden. Nach einleitenden Bemerkungen zur historischen Gedächtnisforschung und den spezifischen Voraussetzungen der analysierten Länder nach dem Zweiten Weltkrieg vermisst der Autor sein Themenfeld in drei Großkapiteln zu Justiz, Politik und Gesellschaft und den darin tätigen Akteuren. Drei Komplexe scheinen jeweils als zentral: erstens „Auseinandersetzungen über die Vergangenheit in der Transformation“ nach 1945, zweitens solche „im Übergang von der Selbstviktimisierung zur Erinnerung an andere Opfer“ (18) und schließlich drittens bezüglich der „Heroisierung des Widerstands“ (18). Ein abschließendes Kapitel unternimmt den Vergleich und die Verflechtung der Befunde. Bauerkämper plädiert darin für eine Verständigung über die unterschiedlichen Geschichtsnarrative anstatt einer Arbeit an einer gemeinsamen europäischen Erinnerungskultur, die er für nicht erreichbar hält. Eine solche „geteilte“, nicht „gemeinsame Erinnerung“ könne dazu beitragen, einen „überlappenden Konsens“ (400) zu schaffen und die Verständigung der europäischen Gesellschaften im Minenfeld der Geschichte zu ermöglichen.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 2.4 | 2.5 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Arnd Bauerkämper: Das umstrittene Gedächtnis. Paderborn u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35500-das-umstrittene-gedaechtnis_42816, veröffentlicht am 29.11.2012. Buch-Nr.: 42816 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken