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Stefan Kraft (Hrsg.)

Wer besitzt das Internet? Die Freiheit im Netz und das Urheberrecht. Eine Streitschrift

Wien: Promedia 2012; 175 S.; brosch., 14,90 €; ISBN 978-3-85371-345-7
Nicht erst seit der Auseinandersetzung um ACTA ist der Streit um das Urheberrecht im Zeitalter der Digitalisierung einem breiteren Publikum bekannt. Allerdings bleibt die Materie zu komplex, um als Laie zu einem differenzierten Urteil kommen zu können. Dieser Problematik steht auch die als „Streitschrift“ untertitelte Aufsatzsammlung von Stefan Kraft gegenüber. Sie enthält Texte, die teilweise schon an anderen Stellen publiziert wurden, und Positionen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. So polemisiert Walter Wippersberg hemmungslos gegen „nützliche Idioten“ (21), die sich vor den Karren Googles spannen lassen, ohne zu erkennen, dass sie damit einem Konzern dienen, obwohl sie meinen, die Netzfreiheit zu verteidigen. Vehement tritt er gegen die faktische Enteignung von Künstlerinnen und Künstlern durch die „Freibier für alle-Mentalität“ (30) im Internet ein und greift dabei auf eigene Erfahrungen als Filmschaffender zurück. Konrad Becker bettet die Debatte über ein zeitgemäßes Urheberrecht in den größeren Zusammenhang einer gesellschaftlichen Umbruchsituation ein: „Die Rhetorik der unbegrenzten Freiheit des Warenverkehrs als Ausdruck der Freiheit des Individuums steht parallel zu nie da gewesenen Formen der Unfreiheit und der digitalen Kontrolle“ (37). Er leitet daraus die Forderung nach einer umfassenden „Rekonstituierung politischer Informationslandschaften“ (48) ab, in der die Reform des Urheberrechts nur ein Bestandteil ist. Matthias Spielkamp, Peter Tschmuck und Zoe Leela bieten Einblicke in die reformorientierte Diskussion aus der Sicht des Journalismus beziehungsweise der Musikbranche. Indem Thomas Macho in seinem Beitrag dem Verhältnis von Eigentum und Diebstahl nachgeht, zeigt er, dass das Thema in vielen Lebensbereichen schon seit langer Zeit aktuell ist. Etwas kurios kommt der Aufsatz von Gerhard Ruiss daher, der wortgewaltig gegen die „Konsumrauschgesellschaft“ (139) wettert und dem dabei der leider unredigiert gebliebene Fehler unterläuft, den Berliner Netzaktivisten Markus Beckedahl in „Horst“ umzutaufen. Insgesamt ist der Band als Zeugnis einer hitzigen Debatte zu sehen, er kann (und will vermutlich) aber nicht wirklich dazu beitragen, Lösungsansätze zu vermitteln und bleibt etwa in der Beschreibung von Kulturflatrate-Modellen sehr vage. Diese Publikation aus einem österreichischen Verlag bietet aber stellenweise interessante Einblicke in die Diskussion im Nachbarland.
Sonja Borski (SBO)
Dipl.-Politologin, wiss. Mitarbeiterin. Institut für Politikwissenschaft, Zentrum für die Didaktiken der Sozialwissenschaft, Universität Bremen.
Rubrizierung: 2.22 | 2.333 | 3.5 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Sonja Borski, Rezension zu: Stefan Kraft (Hrsg.): Wer besitzt das Internet? Wien: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35496-wer-besitzt-das-internet_42809, veröffentlicht am 13.12.2012. Buch-Nr.: 42809 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken