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Jan Goldenstein

Internetperzeption in der VR China. Entwicklung, Wirkung und Potentiale eines globalen Mediums aus chinesischer Perspektive

Berlin: Lit 2011 (Ostasien – Pazifik 22); XI, 228 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-643-11247-7
Diss. Trier; Begutachtung: K.-H. Pohl, L. Yong. – Goldenstein untersucht das Internet als Diskursraum wie Diskursthema aus einer innerchinesischen Perspektive. Diese erlaubt es ihm, nicht die in westlichen Demokratien meist in den Vordergrund gestellte Frage der politischen Zensur in den Mittelpunkt zu rücken, sondern ein Gesamtbild von Entwicklung, Nutzung und Überwachung des Internets in China zu zeichnen. Positiv hervorzuheben ist, dass Goldenstein diese Aspekte in einen größeren historisch-kulturellen Kontext stellt. In groben Zügen skizziert er die Debatten seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der Mao-Ära darüber, ob und wie sich China modernisieren sollte. Dabei zeigen sich wiederholt Phasen, in denen Überlegungen dominierten, die im Westen entwickelte Technik mit der chinesischen Kultur zu verbinden – das Land also zu modernisieren, ohne es zu verwestlichen. Dieser Gedanke spiegelt sich auch in der aktuellen Wahrnehmung des Internets, wenngleich Goldenstein die Neuartigkeit dieses Mediums herausstellt – die User konsumieren nicht nur, sondern können selbst aktiv werden. So zeigt sich, dass die chinesischen Nutzer das Internet keinesfalls als so restriktiven Raum wahrnehmen wie dies aus westlicher Perspektive angenommen wird. Zensurmaßnahmen werden keineswegs ausschließlich als politische Gängelung begriffen, sondern vor allem hinsichtlich des Jugendschutzes akzeptiert und mitunter aktiv unterstützt. Da gesicherte Erhebungen in dieser Frage allerdings schwierig sind, stützt Goldenstein seine weitere Untersuchung auf vier Beiträge zur Medienwirkung des Internets, die in China breitere Beachtung gefunden haben. Die vier Autoren (ein Internetpionier, ein Professor der Philosophie, ein Historiker und ein Journalist) begreifen das Internet als „globales Medium mit regionalspezifischer Ausprägung“ (155) und attestieren ihm einen tiefgreifenden positiven wie negativen Einfluss auf die Gesellschaft. Goldenstein stellt fest, dass es insgesamt in den Diskursen „keine Hinweise für eine grundsätzliche Opposition zwischen Internet-Öffentlichkeit und Staat“ (169) gibt. Aber während dieses Verhältnis in Bewegung zu sein scheint, gerät nach dem Eindruck, den Goldenstein gewonnen hat, eine Gruppe ins Abseits: die der Intellektuellen. Traditionell begriffen sie sich „als Verwalter, Lehrer und Vorbild und positionierten sich somit als Mittler zwischen staatlicher Führung und Volk“ (170), im Internetzeitalter aber sind sie noch nicht ganz angekommen – auch aus Angst, wie Goldenstein schreibt, sich dem Vorwurf der Kommerzialisierung auszusetzen. Und so finde der Diskurs im Netz im Moment eher ohne sie statt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.68 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jan Goldenstein: Internetperzeption in der VR China. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35378-internetperzeption-in-der-vr-china_42632, veröffentlicht am 29.11.2012. Buch-Nr.: 42632 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken