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Nora Matthiesen

Wiedergutmachung für Opfer internationaler bewaffneter Konflikte. Die Rechtsposition des Individuums bei Verletzungen des humanitären Völkerrechts

Berlin: Lit 2012 (Völkerrecht und internationale Beziehungen 5); XVIII, 542 S.; 55,90 €; ISBN 978-3-643-11506-5
Diss. Bremen; Begutachtung: T. Giegerich, A. Fischer-Lescano. – Das Völkerrecht ist im Wandel begriffen. Einher geht damit auch die zunehmende Individualisierung dieses ursprünglich lediglich als zwischenstaatlich betrachteten Rechts. Der Anspruch, nicht nur Staaten als Subjekte des Völkerrechts anzunehmen, ist zwar bereits den monistischen Völkerrechtslehren der Zwischenkriegszeit zu entnehmen, deren vermeintlicher utopischer Überschuss kommt allerdings erst nach 1945 voll zur Geltung. Wenn das Individuum damit zum Träger von Rechten wird, so kann es auch Opfer einer Rechtsverletzung werden. Inwieweit dem Individuum infolge einer Rechtsverletzung ein Wiedergutmachungsanspruch zukommt, ist Thema der Arbeit. Nach einem Überblick über die Entwicklung des Völkerrechts analysiert die Autorin die Stellung des Individuums sowohl im Friedensvölkerrecht als auch im humanitären Völkerrecht. Im Bereich des völkerrechtlichen Menschenrechtsschutzes verfüge das Individuum bereits über „partielle Völkerrechtssubjektivität“ (508), stellt die Autorin fest, wodurch die Mediatisierung durch den Staat durchbrochen werde. Dadurch werde dem Individuum ein gewisser Rechtsschutz zugestanden, der nicht nur die Möglichkeit der Beschwerde bei der Verletzung eines individuellen Rechts, sondern auch die Wiedergutmachung der Rechtsverletzung beinhalte. Dies strahle zugleich auf den Bereich des humanitären Völkerrechts aus, wie die Autorin anhand der Auslegung des humanitärrechtlichen Vertragsrechts und der staatlichen Praxis beweist. Ebendieses enthalte demzufolge gleichermaßen völkerrechtliche Individualrechte wie eine Anspruchsberechtigung auf Wiedergutmachung bei deren Verletzung. Darauf aufbauend wird untersucht, wie ein Individuum ein Wiedergutmachungsanspruch durchsetzten kann. Als problematisch erweise sich bisher – und dies werde wohl auch noch zukünftig so sein –, dass existente internationale Gerichte den damit einhergehenden Anforderungen nicht zu genügen vermögen. Die Etablierung eines ständigen internationalen Gerichtshofs für Menschenrechte und humanitäre Rechte erscheint nach Ansicht von Matthiesen deshalb geboten.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 4.42 | 4.1 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Nora Matthiesen: Wiedergutmachung für Opfer internationaler bewaffneter Konflikte. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35216-wiedergutmachung-fuer-opfer-internationaler-bewaffneter-konflikte_42402, veröffentlicht am 05.07.2012. Buch-Nr.: 42402 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken