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Joachim Gauck

Freiheit. Ein Plädoyer

München: Kösel-Verlag 2012; 63 S.; geb., 10,- €; ISBN 978-3-466-37032-0
„Wer heute danach fragt, was unsere Gesellschaft ausmacht, was sie prägt und ihr Gestalt verleiht, wird auf diese drei Wesensmerkmale stoßen: Freiheit, Verantwortung und Toleranz“ (3), schreibt Joachim Gauck zu Beginn des Buches, das auf eine 2011 – also noch vom Privatmann – gehaltene Rede zurückgeht. Anders als der Titel suggeriert, geht es also nicht nur um die Freiheit, die Gauck neben dem Verhältnis von Staat und Bürger beziehungsweise (mit Blick auf die DDR) „Insassen“ (20) auch auf einzelne Lebensphasen wie die Pubertät bezieht: „Mit 14, 15 oder 16 Jahren ahnen und wollen wir, was Freiheit ist. Wir spüren die tiefe Sehnsucht danach, ungebunden zu sein, nicht kommandiert zu werden, selbst unsere Maßstäbe zu bestimmen und zu setzen: Ich möchte dann ins Bett gehen, wann ich es will; ich möchte diese Frau küssen und umarmen und heiraten, wann ich will“ (12). Neben der Freiheit stehen mit Verantwortung und Toleranz die beiden anderen Wesensmerkmale unserer Gesellschaft im Mittelpunkt, wobei diese (wenigstens indirekt) von der Freiheit abgeleitet werden: Die Verantwortung wird als „Freiheit der Erwachsenen“ (26) bezeichnet und die Toleranz wiederum mit der Verantwortung in Zusammenhang gebracht: „Gleichgültigkeit ist kein anderer Name für Toleranz. Gleichgültigkeit ist vielmehr ein anderer Name für Verantwortungslosigkeit“ (47). Dass für Gauck das Eintreten für (Grund-)Werte wichtig ist, wird deutlich, wenn er fragt: „Sind wir zu vornehm und satt geworden, um für die Werte zu streiten, die für den Westen Deutschlands seit 60 Jahren selbstverständlich geworden sind?“ (54) Außerdem fordert er, „gegenüber kommunistischen, fanatisch-islamistischen oder despotischen Staaten über ihre Verletzung [zu] sprechen; denn als Menschen sind wir verpflichtet, die Menschenrechte unserer Mitmenschen zu respektieren und zu verteidigen“ (52 f.). Solche mahnenden Worte machen den Wert des Büchleins aus und zeugen von der Eignung Gaucks für das Amt des Bundespräsidenten. Das gilt auch für die Einschätzung, dass unser „System nicht vollkommen ist und ständig der Verbesserung bedarf“ (57).
Hendrik Träger (HT)
Dr., Politikwissenschaftler, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Institut für Politikwissenschaft, Universität Magdeburg und Institut für Politikwissenschaft, Universität Leipzig.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Träger, Rezension zu: Joachim Gauck: Freiheit. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34985-freiheit_42084, veröffentlicht am 19.04.2012. Buch-Nr.: 42084 Rezension drucken