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Jörg Gertel / Sandra Calkins (Hrsg.)

Nomaden in unserer Welt. Die Vorreiter der Globalisierung: Von Mobilität und Handel, Herrschaft und Widerstand

Bielefeld: transcript Verlag 2012; 303 S.; hardc., 19,80 €; ISBN 978-3-8376-1697-2
Der Nomadismus ist „kein separates gesellschaftliches Phänomen, kein Sonderweg menschlicher Lebensformen, sondern Teil des ineinandergreifenden gesellschaftlichen Gefüges“ (11). Seine typischen Kennzeichen „sind Flexibilität und die ständige Anpassung an sich wandelnde ökologische und sozioökonomische Bedingungen“ (12). Diese beiden grundlegenden Positionen prägen die Arbeit im Sonderforschungsbereich 586 „Differenz und Integration“. Der Verbund wird seit 2001 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert, beteiligt sind Institute und Universitäten in Halle, Leipzig und Beirut. Mit diesem Sammelband wende man sich erstmals an ein breiteres Publikum, erläutern Calkins und Gertel einleitend. In 26 eher knapp gehaltenen Beiträgen wird ein vielschichtiges Bild von nomadischen Lebensweisen in Europa, Afrika und Asien vermittelt. Damit wird nicht nur ein großer geografischer Raum betrachtet, die Beiträge zeichnen sich zudem durch historische Längsschnitte aus. So findet sich im Kapitel über Staat und Herrschaft zum Beispiel ein lesenswerter Beitrag über die staatliche Anbindung von Nomaden im römischen Nordafrika – man schuf ein spezielles und offenbar erfolgreich arbeitendes Amt des praefectus gentis zur Kontrolle der Nomaden. Das Besondere war, dass der verwaltete Stamm in seinen Strukturen erhalten blieb und nicht zur Sesshaftwerdung gezwungen wurde. Der Präfekt besteuerte die Stämme nur, achtete darauf, dass sie in ihren Territorien blieben und wählte die Soldaten aus, die sie zu stellen hatten. Andere Beiträge sind in der byzantinischen Zeit angesiedelt, in der Kolonialzeit oder in der jüngeren Vergangenheit, etwa in der Darstellung geheimer Märkte im sudanesischen Bürgerkrieg. Für ein Phänomen der Gegenwart stehen unter anderem rumänische Dienstleistungsnomaden – die Gabor, die zur Gruppe der Roma gehören, waren einst reisende Handwerker, deren Waren und Dienstleistungen in ablegenden Landstrichen nachgefragt wurden. Heute arbeiten nur noch einige von ihnen in den traditionellen Handwerken, viele andere dagegen handeln auf den Märkten des Landes mit gebrauchter Kleidung. Mit ihrer in Jahrhunderten erprobten mobilen Wirtschaftsweise seien sie darin geübt, sich veränderten Bedingungen anzupassen. „Mit diesen Kernkompetenzen werden sie wohl auch künftig ihren eigenen, ‚anderen’ Weg gehen.“ (Fabian Jacobs, 50)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.42 | 2.61 | 2.62 | 2.63 | 2.67 | 2.68 | 2.22 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jörg Gertel / Sandra Calkins (Hrsg.): Nomaden in unserer Welt. Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34729-nomaden-in-unserer-welt_41742, veröffentlicht am 12.01.2012. Buch-Nr.: 41742 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken