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Wilfried Marxer (Hrsg.)

Direct Democracy and Minorities

Wiesbaden: Springer VS 2012 (Direct Democracy in Modern Europe); 254 S.; softc., 49,95 €; ISBN 978-3-531-18581-1
Direkte Demokratie erfreut sich in weiten Teilen der Bevölkerung einer gewissen Grundsympathie. In der demokratietheoretischen Debatte gibt es hingegen eine Reihe gewichtiger Einwände. Ein zentrales Argument ist dabei der fragliche Schutz von Minderheiten. Ein Symposium des Liechtenstein-Instituts in Kooperation mit einem Marburger und einem Budapester Institut hat 2010 unter diesem Aspekt die gegenwärtige Praxis von Referenden in Europa und den USA unter die Lupe genommen, die Beiträge sind nun in diesem Sammelband zusammengefasst. Der Begriff der Minderheit wird sehr umfassend verwendet, einbezogen werden nicht nur ethnische, sprachliche oder religiöse Minderheiten, sondern auch die Interessen von gesellschaftlich wie politisch marginalisierten Gruppen. Die Beiträge sind in vier Hauptkapitel untergliedert. Aus historischer Perspektive befassen sich die Autoren mit den Referenden an Österreichs Peripherie nach dem Ersten Weltkrieg sowie mit dem Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro. Vier Beiträge sind im anschließenden Teil den theoretischen Grundlagen der Debatte gewidmet. Anregend für die analytische Perspektive ist in diesem Zusammenhang die Systematisierung, die Anna Christmann aus der Debatte destilliert. Sie verdichtet die unterschiedlichen Ansätze einerseits zur „Constitutional Democracy“ und andererseits zur „Populist Democracy“ (51). Leider stehen diese und andere Darstellungen ein wenig unverbunden neben den im folgenden Abschnitt dargestellten acht Fallstudien. Das Hauptgewicht liegt dort wiederum auf Fragen, die sich aus der schweizerischen Praxis heraus ergeben. Diese Dominanz hängt weniger mit der örtlichen Nähe oder der besonderen Tradition plebiszitärer Elemente in der Eidgenossenschaft zusammen, sondern ist vor allem dem zeitlichen Entstehungskontext geschuldet. Zum Zeitpunkt der Tagung stand das gegen die Errichtung von Minaretten gerichtete Referendum unmittelbar bevor. Deniz Danaci beschäftigt sich damit ausführlich, aber auch in anderen Beiträgen schlägt sich die Debatte dazu nieder. Der letzte Hauptabschnitt befasst sich mit der transnationalen Komponente, wobei die Folgen der gescheiterten Verfassungsreferenden ebenso wie die nun kodifizierte Europäische Bürgerinitiative untersucht werden. Obgleich insbesondere Johannes W. Pichler deren Umsetzung kritisch bewertet, sieht Bruno Kaufmann in dieser Form gerade eher Chancen für Minderheiten.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.21 | 2.23 | 2.61 | 2.5 | 2.64 | 3.2 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Wilfried Marxer (Hrsg.): Direct Democracy and Minorities Wiesbaden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34592-direct-democracy-and-minorities_41560, veröffentlicht am 26.04.2012. Buch-Nr.: 41560 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken