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Klaus W. Grewlich

Geopolitik und Governance. Energie, Wasser, Herrschaft des Rechts in Zentralasien und Afghanistan

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011; 163 S.; 49,- €; ISBN 978-3-8329-6751-2
Die Stabilität Zentralasiens (ZA) sei ohne die Stabilisierung Afghanistans nicht möglich und umgekehrt bedrohe ein instabiles Afghanistan die Sicherheit Zentralasiens. Dieser vom Autor als AFZA-Komplex bezeichnete Befund dient als Ausgangspunkt für die Betrachtung der geopolitischen Konstellationen in dieser Region. Als prägendes Merkmal stellt Grewlich die widerstreitenden wirtschaftsstrategischen und sicherheitspolitischen Interessen in Bezug auf die Wassernutzung und die Sicherung der Energieversorgung heraus – neben Korruption, organisierter Drogenkriminalität und defizitärer Staatlichkeit. Grewlich – er lehrt Rechtswissenschaften in Bonn, Brügge und Berlin und war als Diplomat u. a. in Aserbaidschan und Kirgistan tätig – vergleicht die heutige Bedrohungslage mit dem „Great Game“ (27) des 19. Jahrhunderts, als Russland und Großbritannien um Einfluss in der Region rangen. Er sieht Anzeichen für ein neues „Great Game“, in dem Russland, China und die USA um Macht und Einfluss konkurrieren, wobei die diplomatische Intensität Chinas „im Westen nur schemenhaft“ (33) erkannt werde. Zudem haben sich die zentralasiatischen „Figuren“ des 19. Jahrhunderts zu „Spielern“ gewandelt, die durch eine „multivektorale Politik“ (39) die Interessen der ausländischen Mächte zum eigenen Vorteil ausbalancierten. Den gegenwärtigen fragilen Zustand der Region und insbesondere die Konflikte um die Wassernutzung führt der Autor auf eine defizitäre „Herrschaft des Rechts“ (107) zurück. Neben dem möglichen Beitrag der EU zur Prävention und Konfliktlösung fragt Grewlich nach den Bedingungen, unter denen „auf nationaler, regionaler und multi-regionaler Ebene […] der Energie- und Rohstoffreichtum und die Wasserressourcen in ZA von einem Tummelfeld rivalisierender Akteur zu einem Spiel der Marktkräfte in einem kooperativen Ordnungsrahmen [werden]“ (20 f.). Hierfür stellt er ein mehrteiliges Governance-Modell im Sinne einer vernetzten Sicherheit vor. Abschließend werden die Chancen zur Durchsetzung einer völkerrechtlichen Governance beispielhaft an bestehenden Rechtsinstrumenten im Bereich der Wassernutzung und der „Energie-Governance“ auf ihre Anwendbarkeit in der AFZA-Region diskutiert. „Ähnlich wie im Nachkriegs-Europa ‚Kohle & Stahl’ zum Kernbestandteil eines ‚europäischen Zweckverbands funktioneller Integration’ wurde“, schreibt Grewlich, „so könnte der Schlüsselbereich ‚Wasser & Energie & Umwelt’ zu einem nachhaltigen Entwicklungs- und Friedensprojekt für ZA einschließlich Afghanistan werden.“ (144)
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.68 | 4.1 | 4.41 | 4.45 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Klaus W. Grewlich: Geopolitik und Governance. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34417-geopolitik-und-governance_41333, veröffentlicht am 27.01.2012. Buch-Nr.: 41333 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken