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Armin Heinen

Saarjahre. Politik und Wirtschaft im Saarland 1945 - 1955

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 1996 (Historische Mitteilungen, Beiheft 19); 603 S.; geb., 88,- DM; ISBN 3-515-06843-0
Geschichtswiss. Habilitationsschrift Saarbrücken. - Der Verfasser stellt sich zur Aufgabe, eine umfassende Geschichte der Saarzeit von 1945 bis 1955, der Phase der saarländischen Unabhängigkeit vom deutschen Weststaat, zu schreiben. Dabei wird der Schwerpunkt auf den Kern der Saarfrage, das Wechselverhältnis von Politik und Ökonomie, gelegt. Dieses Unterfangen ist ohne die Erklärung der französischen wie deutschen Saarpolitik und den wirtschaftshistorischen Vergleich mit Westdeutschland unvollständig. Dabei muß geklärt werden, ob die französische Saarpolitik mit der Wirtschaftsintegration tatsächlich, wie vielfach behauptet, eine Annexion der Saar vorbereitete und warum die Rekonstruktion der Wirtschaft an der Saar rascher vonstatten ging als in Westdeutschland. Die Untersuchung zeichnet die Wirtschaftsunion des Saargebiets mit Frankreich, dessen Wiederaufbau und die Diskrepanz von Erwartungen und politisch-wirtschaftlicher Realität nach der Einführung des Franken zwischen 1945 und 1947 nach. Sie beschreibt das 1948 bis 1955 herrschende politische und wirtschaftliche System, das einerseits durch Legitimationsschwäche und andererseits durch eine homogene hochspezialisierte Montanindustrie gekennzeichnet war. Kern der Legitimität der Wirtschaftsunion mit Frankreich war der ökonomische Wohlstand, wie aus der Analyse des wechselvollen Verhältnisses zu Frankreich hervorgeht. Als Frankreich von der Bundesrepublik Deutschland als stärkste Wirtschaftsmacht in Westeuropa überholt wurde und zudem keine Mittel bereitstellte, steuernd auf die starre Wirtschaftsstruktur einzuwirken, warf dies die Frage nach dem Sinn der Wirtschaftsunion auf. Neben den ökonomischen Ursachen werden die kulturellen Mißverständnisse zwischen den kleinräumlich orientierten Saarländern und den französischen Funktionären auf allen Gesellschaftsebenen als entscheidender Grund der Abwendung der Saarländer von der Rolle der "europäischen Avantgarde" (551) hin zu der des guten Deutschen herausgearbeitet. Mit der Abstimmung vom Herbst 1955 endete der saarländische Sonderweg, der mit der Abkoppelung von der deutschen Sozialgeschichte im 19. Jahrhundert begonnen hatte. Die Untersuchung basiert auf breitem Quellenmaterial und zeichnet ein umfassendes Bild des Saarstaates im ersten Nachkriegsjahrzehnt. Sie ist verständlich geschrieben, versehen mit die Orientierung erleichternden Marginalien, angereichert mit Graphiken und zeitgenössischen Karikaturen, weshalb sie nicht nur den Fachwissenschaftler, sondern auch den historisch Interessierten anspricht.
Patricia Bauer (PB)
Dr., Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 2.313 | 3.1 | 2.61 | 4.22 | 4.21 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Patricia Bauer, Rezension zu: Armin Heinen: Saarjahre. Stuttgart: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/3433-saarjahre_4530, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 4530 Rezension drucken