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Marisol Sandoval / Sebastian Servignani / Alexander Rehbogen / Thomas Allmer / Matthias Hager / Verena Kreilinger (Hrsg.)

Bildung MACHT Gesellschaft

Münster: Westfälisches Dampfboot 2011; 257 S.; 25,90 €; ISBN 978-3-89691-876-5
Bildungssysteme in Europa werden seit einigen Jahren verstärkt auf Wettbewerbstauglichkeit für den globalen Arbeitsmarkt ausgerichtet und durch output-orientierte Managementstrategien zunehmend ihrer demokratischen Selbst- und Mitverwaltung enthoben. Diese neuen politischen Leitbilder sind verbunden mit bedeutenden Zäsuren in den Zielsetzungen und Lehrplanstrukturen (Kompetenzorientierung, gestufte Studiengänge, Beschäftigungsfähigkeit, selbstreguliertes lebenslanges Lernen etc.) bei gleichzeitigen Kürzungen in den öffentlichen Etats, einer Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse im Bildungsbereich sowie der Privatisierung von Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Nicht immer wurde bei den zahlreichen Schüler- und Studierendenprotesten der vergangenen Jahre dabei der strukturelle Zusammenhang verschiedener gesellschaftlicher Krisenphänomene hinreichend deutlich. Häufig erschöpften sich die Forderungen im Widerstand gegen Studiengebühren, die Verkürzung des Gymnasiums oder die Zunahme von Prüfungsleistungen und Zugangsbeschränkungen in den neu geschaffenen Studiengängen. Sozial- und Geisteswissenschaftler analysieren in diesem Band die neoliberale Umdeutung des Bildungsbegriffs. Wissen werde zur „Warenform“ (Mittelstraß, 56), Universitäten zu Unternehmen und Wissenschaftler zu Dienstleistern und Managern in einer Informationsgesellschaft, deren „selbstbewusst gewordene Bildungslosigkeit“ (Liessmann, 50) die Voraussetzungen von Mündigkeit untergrabe. Junge Menschen werden frühzeitig im Leistungsdenken erzogen und zum „tauglichen Konkurrenzsubjekt“ (Huisken 84) qualifiziert, das imstande sein soll, selbstverantwortlich durch individuelle Anpassungsleistungen die Krisenphänomene der gesellschaftlichen Transformationsprozesse zu kompensieren (Atzmüller; Langemeyer). Die Autoren bleiben nicht bei einer Analyse der „Bildungsrealitäten“ (83) stehen, sondern zeigen ebenso die emanzipatorischen Potenziale auf, die sich aus den Bildungsprotesten und gegenhegemonialen Diskursen ergeben (Schrittesser; Steinklammer; Sevignani/Sandoval). Der Sammelband ist aus einer Ringvorlesung entstanden, die im Rahmen der Studierendenproteste 2009/2010 an der Universität Salzburg stattfand und die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge der Bildungskrise dem wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs zugänglich machte.
Andreas Eis (AE)
Jun.-Prof. Dr., Didaktik des politischen Unterrichts und der politischen Bildung, Institut für Sozialwissenschaften Oldenburg, Fakultät I.
Rubrizierung: 2.263 | 2.4 | 3.5 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Andreas Eis, Rezension zu: Marisol Sandoval / Sebastian Servignani / Alexander Rehbogen / Thomas Allmer / Matthias Hager / Verena Kreilinger (Hrsg.): Bildung MACHT Gesellschaft Münster: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33944-bildung-macht-gesellschaft_40685, veröffentlicht am 01.09.2011. Buch-Nr.: 40685 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken