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Jörg Hackmann / Klaus Roth (Hrsg.)

Zivilgesellschaft im östlichen und südöstlichen Europa in Geschichte und Gegenwart

München: R. Oldenbourg Verlag 2011 (Völker, Staaten und Kulturen in Ostmitteleuropa 5); 294 S.; geb., 39,80 €; ISBN 978-3-486-70495-2
Die Zivilgesellschaft ist in diesem Band der Dreh- und Angelpunkt zur Untersuchung geschichtlicher und politischer Entwicklungen seit dem 19. Jahrhundert in Ost- und Südosteuropa. Diese Forschungsperspektive bestehe unter anderem, so Hackmann, aus der Untersuchung der Familie, der politischen Sphäre, der Religion, der Trägerschichten, der Rolle von Assoziationen, der Rolle der Zivilgesellschaft bei der Herausbildung des Nationalstaates, der Inklusions- und Exklusionsmechanismen sowie der Un-Zivilität. Angelika Nußberger beispielsweise untersucht die Zivilgesellschaft als „neues Konzept des Verfassungsrechts“ (45) in Ost- und Mitteleuropa. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs habe der Begriff Zivilgesellschaft besonders in mitteleuropäischen Verfassungen Eingang gefunden (z. B. Polen), da die Zivilgesellschaft selbst ein Träger der Reformen gewesen sei. In osteuropäischen Ländern (z. B. Russland) hingegen habe die Zivilgesellschaft lediglich auf Reformimpulse reagiert und diese transformierend aufgenommen. Es bestehe dort historisch eine große Kontinuität autokratischer Strukturen, die dazu geführt habe, dass sich die Zivilgesellschaft nur in gesellschaftlichen Nischen entwickeln konnte. Während es also in Russland im Verfassungsrecht eine Tendenz gebe, staatlichen Interessen den Vorrang vor gesellschaftlichen zu geben, sei in Polen ein balanceorientierter Interessenausgleich festzustellen. Karl von Delhaes betrachtet das Spannungsfeld von Wirtschaftsordnung und Zivilgesellschaft. Er stellt fest, dass der Fall des Eisernen Vorhangs in Mittel- und Osteuropa nicht zu einem Systemwechsel vom Sozialismus hin zum Kapitalismus geführt habe, sondern eine wirtschaftspolitische Transformation eingetreten sei, die den ökonomischen Bereich in diesen Ländern weiter ausdifferenziert habe. Dabei seien mehr „Freiheitsgrade“ (89) für die Zivilgesellschaft entstanden. Die Beiträge dieses Bandes gehen auf eine Tagung des Herder-Instituts im Jahr 2003 zurück und bieten einen breit gefächerten Einstieg in die Entwicklung und das Wirken der Zivilgesellschaften in Mittel- und Osteuropa.
Jens Wassenhoven (JWN)
Dipl.-Kfm., Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.61 | 2.62 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Jens Wassenhoven, Rezension zu: Jörg Hackmann / Klaus Roth (Hrsg.): Zivilgesellschaft im östlichen und südöstlichen Europa in Geschichte und Gegenwart München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33819-zivilgesellschaft-im-oestlichen-und-suedoestlichen-europa-in-geschichte-und-gegenwart_40521, veröffentlicht am 14.07.2011. Buch-Nr.: 40521 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken