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Jo Leinen / Jan Kreutz

Die Zukunft Europas. Für eine demokratische und soziale EU

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Europäische Schriften 88); 201 S.; 29,- €; ISBN 978-3-8329-6216-6
Wer eine Einführung in die aktuelle Struktur und Verfasstheit der Europäischen Union aus Sicht der SPD sucht, wird hier fündig. Die beiden Autoren zählen zu den Spitzenkräften der deutschen Sozialdemokratie im Europabereich: Jo Leinen ist nicht nur seit 1999 Mitglied des Europäischen Parlaments, sondern dort auch Vorsitzender des Umweltausschusses und Jan Kreutz ist gegenwärtig Referent der Sozialdemokratischen Partei Europas. Sie rekurrieren auf die Historie des Integrationsprozesses, beschreiben anschaulich, wie europäische Gesetze entstehen und stellen die wichtigsten Akteure in der Union vor. Dabei werden auch die Veränderungen deutlich, die durch den Vertrag von Lissabon eingeführt wurden. Allerdings zeige, so das Autorenduo, die sinkende Beteiligung an den Europawahlen und die Europaskepsis vieler EU‑Bürger, dass die Notwendigkeit einer weiteren Demokratisierung besteht. Dies gelte u. a. für den institutionellen Bereich: Das Europäische Parlament und der Ministerrat sollten sich zu einem „echten Zweikammersystem“ weiterentwickeln, in dem nach politischen Lösungen offen gerungen wird, und die Kommission sich zu einer vom Parlament gewählten und kontrollierten „echten europäischen Regierung“ (198) emanzipieren. Auf dem Weg hin zu einem europäischen, demokratischen Bundesstaat sehen sie noch einige Hindernisse, wenngleich Leinen und Kreutz sowohl die Gegenwart als auch die Zukunft der EU „alles andere als ‚schwarz’“ (7) beurteilen – sie halten den europäischen Integrationsprozess für eine der größten Errungenschaften des 21. Jahrhunderts. Zu lange habe das Wohl der Unternehmen im Vordergrund gestanden, nun gelte es mithilfe europäischer Sozialstandards, einer aktiveren europäischen Arbeitsmarktpolitik, besserer sozialer Integration und einer stärkeren Finanzmarktkontrolle ein soziales Europa zu schaffen. Verbindliche europäische Sozialgesetze gelte es zu erlassen, um einer „Negativspirale des Sozialschutzes in Europa Einhalt zu gebieten“ (196). Außerdem müsse Europa eine Vorreiter‑ und Führungsrolle in der Umwelt‑ und Klimaschutzpolitik spielen, der Anteil erneuerbarer Energien sei auf 100 % anzuheben. Eine weitere Aufgabe sehen sie in der Realisierung einer europäischen Innen‑ und Justizpolitik, einschließlich einer menschenwürdigen Migrationspolitik. Im außenpolitischen Bereich müsse sich die EU zu einer internationalen Friedensmacht entwickeln (inklusive einer „europäischen Parlamentsarmee“ [197]) und Multipolarität mitgestalten. Der Weg zur Erreichung dieser Ziele ist noch lang, doch die EU befinde sich bereits auf gutem Wege.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.1 | 3.3 | 3.4 | 3.5 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Jo Leinen / Jan Kreutz: Die Zukunft Europas. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33524-die-zukunft-europas_40115, veröffentlicht am 13.10.2011. Buch-Nr.: 40115 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken