Wie die Medien zur Freiheit kamen. Zum Wandel der ostdeutschen Medienlandschaft seit dem Untergang der DDR
Die Autoren dieses Sammelbandes untersuchen aus medienwissenschaftlicher Perspektive „[m]arkante Ausschnitte aus dem Funktions- und Rollenwandel des Pressejournalismus“ (20) in Ostdeutschland seit 1990. Zunächst konzentrieren sie sich auf den Systemwechsel und die Transformation in den neuen Ländern. Dabei gehen sie auf den sich „zumeist auf die Führungsebene“ (41) beschränkten Personalaustausch in den ehemaligen SED-Bezirkszeitungen und die für die Ostdeutschen wichtige „Ratgeber-Funktion“ (66) einer Zeitung ein. Danach wird in einem Aufsatz fallstudienhaft die Illustrierte SUPERillu betrachtet, die „in jeder Hinsicht eine Besonderheit auf dem ostdeutschen Pressemarkt [darstellt]“ (77). Im zweiten Teil geht es um die Veränderungen beim Rollenbild der ostdeutschen Journalisten, wobei u. a. die Thüringer Allgemeine und die Sächsische Zeitung untersucht werden. Zu DDR-Zeiten verstanden die Redakteure, die häufig der SED angehörten, „ihre Aufgabe als Dienst am Staat und seiner tragenden Ideologie“ (106). Seit 1990 glichen sich die Ostdeutschen hinsichtlich ihres Selbstverständnisses an ihre westdeutschen Kollegen an, wobei sie sich „als die besseren Menschen und Journalisten“ (168) einschätzen. Anschließend wird in den beiden letzten Teilen des Buches die Perspektive gewechselt und untersucht, wie die westdeutsch geprägten Medien die neuen Länder sehen. Mit Blick auf das Ostdeutschland-Bild von Spiegel und Zeit entsteht der „Eindruck eines auch im 16. Lebensjahr noch zweigeteilten Landes“ (198), weshalb auf „die Gefahr der Verfestigung einer klischeeprägenden Sicht aus westdeutscher Perspektive“ (206) hingewiesen wird. Als Paradebeispiel für die teilweise vorurteilbasierte Berichterstattung rückt der Fall Sebnitz in den Fokus, der „bis heute für eine der schwersten Dysfunktionen des journalistischen Systems im Deutschland der Nachwendezeit“ (209) stehe. Die Aufsätze werden durch Interviews mit dem Kommunikationsforscher Hans-Jörg Stiehler und dem ehemaligen Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen Sergej Lochthofen abgerundet. Letzterer berichtet über die wieder auseinandergehende Ost-West-„Schere im [WAZ-]Konzern“ (37).