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Hilde Neidhardt

Staatsverschuldung und Verfassung. Geltungsanspruch, Kontrolle und Reform staatlicher Verschuldungsgrenzen

Tübingen: Mohr Siebeck 2010 (Recht der Nachhaltigen Entwicklung 5); XIX, 447 S.; brosch., 69,- €; ISBN 978-3-16-150436-5
Rechtswiss. Diss. Freiburg; Gutachter: J. Masing, M. Heintzen. – Im Zuge der Föderalismusreform II des Jahres 2009 wurden die Verschuldungsgrenzen für Bund und Länder verschärft und den Verfassungsgerichten als Kontrollinstanzen die Verantwortung für eine generationengerechte staatliche Kreditaufnahme übertragen. Allerdings bestehen spezifische Wirkungsbeschränkungen der Rechtsprechung im Bereich des Staatsschuldenrechts, die Neidhardt auf der Grundlage einer Analyse der Rechtsprechung zu den bisherigen Verschuldungsgrenzen aufzeigt. Sie wendet sich zum einen den Regelungen auf der Bundesebene zu und nimmt auch die landesverfassungsrechtlichen Verschuldungsgrenzen und deren Kontrolle durch die Verfassungsgerichte der Länder in den Blick. Zum anderen stellt sie die Frage der Durchsetzbarkeit und Kontrolle der Verschuldungsgrenzen in den Mittelpunkt. Die vorgesehenen verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Änderungen der staatlichen Schuldengrenzen betrachtet sie als ersten Schritt in die richtige Richtung. Jedoch bezweifelt sie, dass sich das Problem der dauerhaften Selbstbindung des demokratisch gewählten Haushaltsgesetzgebers durch strengere Normen oder weitergehende verfassungsgerichtliche Kontrollbefugnisse lösen lassen wird. Eine Verfassungsreform als solche könne noch keine Probleme lösen, wichtig sei es hingegen, eine veränderte „Kultur des Schuldenmachens“ (415) zu etablieren. Beispielsweise ließe sich das Haushaltsaufstellungsverfahren ändern: Bisher verlaufe die Haushaltsplanung von unten nach oben (bottom-up), das bedeutet, dass die für die jeweiligen Einzelpläne zuständigen Stellen ihre Voranschläge erstellen, die dann als Grundlage der weiteren Haushaltsplanung dienen. Dieses Verfahren berge die Gefahr der Fortschreibung der Ausgaben der Vorperiode plus Inflationsausgleich. Besser wäre jedoch ein Verfahren (top-down), an dessen Beginn ein Kassensturz stehen sollte, der zunächst die zu erwartenden Einnahmen und die zu verteilende Finanzmasse bestimmt. Eine solche Vorgehensweise erfordere keine Verfassungsänderung, sondern lediglich einfache Gesetze.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.32 | 2.323 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Hilde Neidhardt: Staatsverschuldung und Verfassung. Tübingen: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33318-staatsverschuldung-und-verfassung_39846, veröffentlicht am 04.05.2011. Buch-Nr.: 39846 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken