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Tamar Amar-Dahl

Shimon Peres. Friedenspolitiker und Nationalist

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2010; 471 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-506-76910-7
Diss. München. – Die Biografie des israelischen Staatsmannes Peres verlaufe parallel zur Geschichte des Landes, so die Autorin, aber seine fundamentalen politischen Grundauffassungen seien unklar geblieben – trotz langer Amtszeiten als Minister verschiedener Ressorts und als Staatspräsident. Deshalb hat es sich Amar-Dahl zum Erkenntnisziel gesetzt, „Peres’ Verständnis der politischen Wirklichkeit“ (10) zu entschlüsseln, wobei sie ihn methodisch als kommentierenden Zeitzeugen der Ereignisse und Strukturen behandelt. Sie konzentriert sich dabei auf fünf Aspekte: auf sein Zionismusverständnis, in dessen Kern das Streben nach der Verwirklichung der „zionistischen Utopie“ (11) steht; die Feinde dieser Utopie – also die Araber allgemein und insbesondere die Palästinenser, die als rückständige Andere von ihm politisch marginalisiert werden; sein Demokratieverständnis, das der Nationenbildung untergeordnet ist und für das die Autorin einen eklatanten Mangel an Einsicht in demokratische und individuelle Grundrechte feststellt; die von ihm forcierte, von weiten Teilen der Gesellschaft verinnerlichte Haltung, „dass der militärische Weg [...] unabdingbar für die Sicherung der nationalstaatlichen Existenz“ (289) ist; sein entpolitisiertes Friedensverständnis, das nicht auf Recht und Gesetz basiert und konform ist mit „Israels Friedensunfähigkeit“: „Der „Sicherheitsmythos bestimmt die Notwendigkeit der Herrschaft über die Palästinenser und somit deren Entrechtung und Unterdrückung.“ (386) Amar-Dahl beschreibt Peres als angetrieben von einem tief sitzenden Verantwortungsgefühl „gegenüber dem von ihm als heilig begriffenen Staat“ (390). Dieser Berufspolitiker, der nie ein direktes Mandat der Bevölkerung erhalten habe, glaube, an die Staatsspitze zu gehören und sei unfähig, „sich selbst in einer anderen Position als einer führenden zu sehen“ (393). In seiner Auffassung der politischen Macht spiegele sich das ideologische Verständnis seiner Aufgaben und die Sakralisierung des zionistischen Projekts, sein „Kampf um die Macht erscheint aus diesem Blickwinkel als Selbstaufopferung eines Märtyrers“ (391). Aus dieser stringent geführten Analyse lässt sich kein anderer Schluss ziehen als der, dass Peres’ Verständnis von seiner Mission und der Art und Weise, wie die Existenz Israels zu sichern sei, der friedlichen Lösung des Nahost-Konflikts nicht dienlich ist.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.1 | 2.63 | 2.22 | 2.24 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Tamar Amar-Dahl: Shimon Peres. Paderborn u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33129-shimon-peres_39584, veröffentlicht am 04.01.2011. Buch-Nr.: 39584 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken