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Giorgio Agamben / Alain Badiou / Daniel Bensaïd / Wendy Brown / Jean-Luc Nancy / Jacques Rancière / Kristin Ross / Slavoj Žižek

Demokratie? Eine Debatte

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2012 (edition suhrkamp 2611); 137 S.; 14,- €; ISBN 978-3-518-12611-0
„,Demokratie‘ ist ein exemplarischer Fall von Bedeutungslosigkeit geworden“ (72), denn während sie (mindestens) in der westlichen Welt als Selbstverständlichkeit – und dementsprechend alternativlos – erscheint, ist sie kaum mehr mit einem Wert zu verknüpfen, der über ihre formale Hülle hinausgeht. Statt zu einem Projekt der politischen Selbstbestimmung ist Demokratie sukzessive zu einem Schatten ihrer selbst geworden. Diesen prominent in der Postdemokratie-These zusammengefassten Entpolitisierungstendenzen begegnet eine radikale Demokratietheorie, deren wohl berühmteste Vertreter und Vertreterinnen sich in diesem Band zu Wort melden. Sie bedienen sich dabei des Zugangs 黚er eine Unterscheidung zwischen demokratischer Politik – mit Agambens Worten einer blo遝n Regierungstechnik – und ihrem ontologischen Ursprung im Politischen. Gerade dieses Wesen der Demokratie ist zutiefst umstritten und muss es – will Demokratie mehr sein als bloß post-politische Verwaltung – eben auch sein. So dehnt sich die Debatte unter den Theoretikern in zwei Richtungen aus: Einerseits geht es um die Analyse der Zerfalls- und Aushöhlungsprozesse der Demokratie und der dahinter wirkenden Mechanismen der Machtausübung sowie andererseits um die Annäherung an eine mögliche Bedeutung von Demokratie, ihr politisches und vor allem emanzipatorisches Potenzial. Im Zusammendenken dieser Stränge tritt dann wieder hervor, dass Demokratie gerade nicht eine alternativlose Ordnung bezeichnen könne, indem sie sich als einzig mögliche Option gegenüber einer totalitären Diktatur zeige (Bensaïd) und dabei als ein bloßes Wahrzeichen das Reale der Macht verdecke (Badiou). So reichen die Forderungen zur Neubestimmung der Demokratie von einer möglichen „Politik des Widerstands“ (70) und der Anerkennung ihrer Begründungslosigkeit (Nancy) bis zu dem Anspruch, „daß wir nur dann die Chance haben, echte Demokraten zu bleiben […], wenn wir […] wieder Kommunisten werden“ (22). Insgesamt bietet der Band einen Überblick über die verschiedenen prominenten Positionen radikaldemokratischer Theorie. Zudem dient er als Impulsgeber für das notwendige Nachdenken über die Zukunft der Demokratie, denn dass die Debatte als politische Intervention und nicht als akademisch selbstreferenzielles Artefakt daherkommt, bezeugt die Dringlichkeit der Auseinandersetzung.
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 5.41 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Giorgio Agamben / Alain Badiou / Daniel Bensaïd / Wendy Brown / Jean-Luc Nancy / Jacques Rancière / Kristin Ross / Slavoj Žižek: Demokratie? Frankfurt a. M.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32809-demokratie_39182, veröffentlicht am 12.10.2012. Buch-Nr.: 39182 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken