Nonkilling. Wissenschaft von der nicht tötenden Gesellschaft
Das dargelegte Konzept des „Nonkilling“ ist ein weiterer Versuch, pazifistische Überzeugungen in konkretes gesellschaftliches Handeln umzusetzen. Die Wandlung des Autors von einem Offizier der US-amerikanischen Streitkräfte hin zu einem Verfechter pazifistischer Überzeugungen verspricht dabei interessante Perspektiven. In der Tat zeichnet sich sein Ansatz durch eine ungewöhnliche Mischung aus kompromisslosem Pazifismus und sehr realen Vorstellungen zur Umsetzung dieses Ideals aus. Paige weist der Politikwissenschaft bei der Überwindung des Tötens im Allgemeinen eine zentrale Rolle zu: Sein Konzept sieht die Politikwissenschaft nicht nur als intellektuellen Motor, sondern auch als praktische Gestalterin einer generellen Abkehr von weithin akzeptierten Tötungsmechanismen. Die grundsätzlichen Ausführungen des Autors zur gar nicht in der Natur des Menschen liegenden „Kultur des Tötens“ mag man im Rahmen vorwissenschaftlicher Grundannahmen teilen oder nicht. Von einem positiven Menschenbild ausgehend, sind Paiges konkrete Überlegungen (z. B. zur institutionellen Verankerung des „Nichttötens“, zur Absicherung von Grundeinstellungen des „Nonkilling“ durch straff organisierte Aktivisten sowie durch eine geradezu autoritär wirkende, konsequente Bildungspolitik) gewagt und provozierend, aber in sich durchaus schlüssig. Die „nicht tötende Gesellschaft“ (23) wird nach Paige nicht von Beliebigkeit und selbsttragender Harmonie, sondern von harter, straff organisierter Arbeit zur Verwirklichung bzw. Erhaltung dieses Ideals geprägt sein. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu vielen meist ebenso idealistischen, aber dann schnell ins diffus Wünschenswerte abgleitenden pazifistischen Ansätzen. Insofern dürfte die Lektüre auch für skeptischere Leser wenn schon nicht überzeugend, so doch zumindest anregend sein. Leider ist die Übersetzung nicht gelungen. Ungelenke Formulierungen und teilweise offenkundige Übersetzungsfehler hemmen den Lesefluss. Für interessierte Leser empfiehlt sich daher eher ein Griff zum amerikanischen Original.