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James K. Galbraith

Der geplünderte Staat, oder: Was gegen den freien Markt spricht. Aus dem Englischen von Peter Stäuber

Zürich: Rotpunktverlag 2010; 345 S.; brosch., 24,50 €; ISBN 978-3-85869-417-1
Im Zentrum dieser wortgewandten Streitschrift steht die These, dass ein volkswirtschaftlich funktionierender Markt den Staat als ordnende Bedingung benötige und eine Reduzierung des Freiheitsbegriffs auf die wirtschaftliche Freiheit nicht nur politisch und kulturell, sondern auch ökonomisch katastrophal sei. Es überrascht kaum, dass der Autor, der sich selbst als Keynesianer versteht, gegen die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Neokonservativen und der Monetaristen polemisiert und zunächst veranschaulichen will, dass alle Ziele der Wirtschaftsliberalen unerfüllbar blieben. Die Pointe der Kritik liegt aber nicht darin, dass die Konservativen eine falsche Politik gemacht hätten, sondern dass sie die wirtschaftliche und soziale Realität verkennen würden, weshalb ihre Konzepte selbst von den Politikern (Reagan), die sie anzuwenden vorgaben, schnell fallen gelassen wurden. Problematischer als falsche Wirtschaftstheorien sind für Galbraith reale Entwicklungen seit den neunziger Jahren: die Produktionsauslagerung im Bereich der Informationstechnik, der Aufstieg der Manager gegenüber den Unternehmensinhabern im Zuge der New Economy sowie die Aufblähung unkontrollierter Finanzmärkte. Dieser den politischen Gestaltungsspielraum unterminierende Prozess habe neue Eliten geschaffen, die sich volkswirtschaftlich parasitär verhalten und zum bevorzugten Ansprechpartner der Republikaner wurden. Galbraith – er beruft sich auf „The Theory of the Leisure Class“ von Veblen – nennt dieses politisch-wirtschaftliche Arrangement Räuberstaat (Predator State). Dagegen müsse es das Ziel künftiger Politik sein, den öffentlichen Beschäftigungssektor auszubauen, Mindestlöhne zu schaffen bzw. anzuheben und finanzwirtschaftliche Standards einzuführen. Spätestens hier spürt man, dass Galbraiths polemisch vorgetragene und nicht immer leicht nachvollziehbare Darlegung vor der letzten Präsidentschaftswahl verfasst wurde. Denn bei aller Polemik gegenüber den Konservativen hat sein „Progressivism“ nicht diese im Blick, sondern eher ein Zurückweichen des neuen demokratischen Präsidenten vor den imaginierten Kräften des Marktes.
Frank Schale (FS)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.262 | 4.43 | 2.64 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Frank Schale, Rezension zu: James K. Galbraith: Der geplünderte Staat, oder: Was gegen den freien Markt spricht. Zürich: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31983-der-gepluenderte-staat-oder-was-gegen-den-freien-markt-spricht_38141, veröffentlicht am 04.05.2010. Buch-Nr.: 38141 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken