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Dieter Deiseroth / Peter Derleder / Christoph Koch / Frank-Walter Steinmeier (Hrsg.)

Helmut Ridder. Gesammelte Schriften

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010; XIV, 785 S.; geb., 148,- €; ISBN 978-3-8329-4520-6
Unter den Staatsrechtlern der bundesdeutschen Gründerzeit ragte Helmut Ridder (1919-2007) in dreifacher Hinsicht heraus: als linksliberaler Bürgerrechtler, als Verfassungsrechtler, dem – zu dieser Zeit in der Staatslehre nicht selbstverständlich – das Demokratieprinzip zentrales Anliegen war, und nicht zuletzt als politischer Publizist (u. a. Mitherausgeber der „Blätter“). Außerdem verfügte er – auch insofern noch orientiert an der Weimarer Tradition – über eine glänzende, weil zur Polemik neigende Feder – eine Qualität, die seine Schriften angesichts des heute oft Langeweile verbreitenden Wissenschaftsbetriebs erstaunlich lebendig und frisch erscheinen lässt. Ridder war ein „‚aufgeklärter Rechtspositivist’“, so die Herausgeber (IX), der ganz im Sinne Hans Kelsens auf Ideologiekritik des „Staatsrechts“ und seines ontologisch aufgeladenen Souveränitäts- und Gemeinwohlbegriffs in der Auseinandersetzung mit den Traditionsbeständen deutscher Staatslehre zielte. Wenngleich Ridder zwar ein direktes parteipolitisches Engagement etwa in Form der ihm von der SPD angetragenen Bundestagskandidatur nicht suchte, führte er doch als Prozessvertreter eine ganze Reihe politisch hoch brisanter Verfahren. Da mit der Etablierung des Verfassungsgerichts dieses bald den Mittelpunkt der „Staatslehre“ bildete, richtete sich seine Kritik stark gegen dessen Neigung zu „law fiction“: „Die demokratiegefährdende Irrationalität [...] der Grundrechts-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sah er vor allem darin, dass sie den Normbereich der einzelnen Grundrechte [...] völlig entgrenzt“ und sie mittels „Werten“, Gütern, „Abwägungen“ usw. „seiner – situativ geprägten – Verfügungsgewalt unterwerfe“ (XI). Diese Kritik muss sich das Gericht ja bis heute gefallen lassen und schon deshalb bleiben Ridders Schriften aktuell, die jetzt endlich „gesammelt“ und für neue Leser verfügbar sind, darunter auch seine grundlegende verfassungstheoretische Monografie „Die soziale Ordnung des Grundgesetzes“ und die längere, 1977 im „Leviathan“ erschienene und schon „klassisch“ zu nennende Abhandlung „Vom Wendekreis der Grundrechte“.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 2.3 | 2.32 | 2.313 | 2.35 | 4.21 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Dieter Deiseroth / Peter Derleder / Christoph Koch / Frank-Walter Steinmeier (Hrsg.): Helmut Ridder. Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31886-helmut-ridder_38021, veröffentlicht am 01.04.2010. Buch-Nr.: 38021 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken