„Warum sucht sich Brasilien verstärkt südliche Länder als Handelspartner und distanziert sich von den Bestrebungen der Industrieländer, Handelsabkommen mit Brasilien schließen zu wollen?“ (25) Die Autorin zieht auf diese Frage drei Antworten in Betracht: Entweder will Brasilien eine Abhängigkeit von den Industrieländern vermeiden und sogar seine relative Macht diesen gegenüber vergrößern, wobei die Süd-Süd-Kooperationen und die Rolle des Sprechers der Armen hilfreich sind. Oder Brasilien setzt allein auf die Steigerung der wirtschaftlichen Gewinne und betrachtet die Entwicklungsländer als wichtige Handelspartner und Absatzmärkte. Oder Brasilien stellt die Interessen der südlichen Länder so sehr in den Vordergrund, dass sogar der eigene wirtschaftliche Erfolg nachrangig ist. Es ist nicht zu übersehen, dass die zweite und dritte Hypothese in ihrer einseitigen Konzentration auf Politik oder Wirtschaft konstruiert wirken. Und so ist es auch keine Überraschung, dass Bledau nach der Analyse von fünf wichtigen Kooperationen Brasiliens (WTO, Mercosur, Free Trade Area of the Americas, Entwicklungspolitik in Afrika und India, Brazil and South Africa Dialogue Forum) zu dem Ergebnis kommt, dass die erste Hypothese zutrifft: Brasilien arbeite daran, „seine eigene Position in der Welthandelspolitik zu stärken“ (127). Deshalb suche das Land verstärkt Handelspartner in den Ländern des Südens und distanziere sich von Handelsabkommen mit den Industrieländern. In ihrer abschließenden Politikempfehlung schreibt die Autorin an die Adresse der EU, dass – solle die deutsche/europäische Präsenz in Lateinamerika nicht noch weiter zurückgehen – der Hauptstreitpunkt in den wirtschaftlichen Beziehungen, die Agrarsubventionen der EU, überwunden werden müsste.