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Marc André Matten

Die Grenzen des Chinesischen. Nationale Identitätsstiftung im China des 20. Jahrhunderts

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2009; XVI, 293 S.; 68,- €; ISBN 978-3-447-05911-4
Sinolog. Diss. Bonn; Gutachter: W. Kubin, M. Yūjirō, M. Lackner. – „Jeder Versuch, einen Nationalstaat erfolgreich und vor allem überzeugend zu realisieren, bedarf einer genauen Abgrenzung zwischen seinen Mitgliedern und Nichtmitgliedern“ (XIII). Wie diese Abgrenzung in China zu Beginn des 20. Jahrhunderts diskutiert wurde, ist Gegenstand der Abhandlung. Matten überträgt Konzepte und Problemfelder aus der Forschung zum europäischen Nationalismus auf chinesische Diskurse, insbesondere die Frage nach der Modernität und der Verbindlichkeit nationaler Identitäten. „Die Techniken, mit denen Vorstellungen von nationaler Identität in diesem Kontext formuliert werden, sind vielfältig. Sie finden ihren Ausdruck nicht allein in politischen Texten, Manifesten und Programmen, sondern weitaus stärker ausgeprägt in Ritualen, Zeremonien, Monumenten und symbolischen Handlungen.“ (XV) Im Zentrum der Darstellung stehen dabei insbesondere zwei große Narrative: die Definition der Han-Chinesen über den wohl mythologischen „Gelben Kaiser“ (Huangdi) und die Verehrung des Nationalhelden Yue Fei aus dem 12. Jahrhundert. Dabei zeigt Matten, dass diesen beiden historischen Erinnerungen „seit Beginn des 20. Jahrhunderts […] eine tragende Bedeutung für das Gedächtnis der chinesischen Nation zugeschrieben wurde.“ (235) An den Diskursen über Huangdi fällt auf, dass gegen Ende der Qing-Dynastie zunächst die ethnische Definition der Han-Chinesen im Vordergrund stand, um Opposition gegen den Staat zu betreiben; mit der Etablierung der multiethnischen Republik musste diese Erzählung dagegen auch wieder inklusiv umgeschrieben werden. Yue Fei dient dagegen durch alle Dynastien hindurch als Verkörperung bestimmter Tugenden, die als eine Art Leitkultur von den Eliten vorgegeben werden und im 20. Jahrhundert zunehmend Eingang in die Populärkultur finden. Zusammenfassend sieht der Autor gerade in den unterschiedlichen Positionen zur Grenzziehungen der chinesischen Nation in seinem Untersuchungszeitraum einen sicheren Beleg dafür, „daß das Modell des Nationalstaates zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr wohl als vorherrschende politische Ordnung akzeptiert wurde.“ (254)
Markus Lang (ML)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.68 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Markus Lang, Rezension zu: Marc André Matten: Die Grenzen des Chinesischen. Wiesbaden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31460-die-grenzen-des-chinesischen_37450, veröffentlicht am 08.12.2009. Buch-Nr.: 37450 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken