Das Ende der Welt, wie wir sie kannten. Klima, Zukunft und die Chancen der Demokratie
Den Titel ihres bereits viel diskutierten populärwissenschaftlichen Groß-Essays haben sich Leggewie und Welzer bei der Popgruppe R.E.M. ausgeliehen. Die Phrase „It’s the end of the world as we know it (and I feel fine)“ ist Ausgangspunkt für eine Beschreibung einer Welt, wie wir sie kannten, die aber bald nicht mehr so sein dürfte: „Märkte expandierten über ihre periodischen Krisen hinweg in eine gefühlte Unendlichkeit, Staaten sicherten die soziale Ordnung und den Weltfrieden, der flexible Mensch verwandelte Naturgefahren per Technik und Organisation in beherrschbare Risiken.“ (9) Das funktioniere nicht mehr, schreiben die Autoren. Nach ihrer Auffassung stehen Phänomene wie Klimawandel, Ernährungskrisen, Umweltverschmutzung und Ressourcenausbeutung für die Grenzen des Systems. Nationale und internationale Politik sei „auf kurzatmige und illusionäre Reparatursysteme fixiert“ (11), während gleichzeitig irreversible Prozesse vorangetrieben würden. Beispiele seien die Erderwärmung, das Artensterben und die Rodung von Regenwäldern. Als Gegenentwurf präferieren Leggewie und Welzer eine „Kultur der Achtsamkeit“ (197), „Verzicht als Gewinn“ (176) und „Demobilisierung“ (119) im Wortsinn. Weil (Auto-)Mobilität „Hauptverursacher von Treibhausgasen“ (182) sei, solle sich die Gesellschaft durch „Mobilitätsvermeidung“ (185), eine neue, dezentralere Arbeitsorganisation, klimafreundlichere Ernährung und energiesparendes Wohnen „in Richtung Nullenergie“ (185) bewegen. Den Wandel zu dieser neuen Alltagskultur und -politik soll eine aktive Bürgergesellschaft als „APO 2.0“ (230) bewirken, die zur Abschaffung einer „Leitkultur der Vergeudung“ (230) beitragen will. Das Buch ist für eine breite, politisch interessierte Leserschaft geschrieben, die animiert wird, sich zivilgesellschaftlich zu engagieren. Die Fakten sind gut recherchiert und kompakt dargestellt. Ein Anmerkungsapparat, weiterführende Literaturangaben, ein Personen- und ein Sachregister runden ein meinungsfreudiges Buch ab, das stellenweise zu bestseller-kompatibler Vereinfachung neigt.