Skip to main content
Petra Kolonko

Maos Enkel. Innenansichten aus dem neuen China

München: C. H. Beck 2009; 279 S.; geb., 19,90 €; ISBN 978-3-406-59132-7
Wer auf eine neue städtische Mittelschicht hofft, die nach politischer Partizipation strebt und China in die Demokratie führen wird, sieht sich in dieser gründlichen populärwissenschaftlichen Überblicksdarstellung eines Besseren belehrt. Kolonko, die seit vielen Jahren für die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus Ostasien berichtet, schildert ein China der Gegenwart, das wenig mit westlichen Vorstellungen über Staat und Gemeinwesen zu tun hat. Die entstehende Mittelschicht ist ein Beispiel dafür: Diese Menschen sind „nationalstolz“, identifizieren sich mit ihrem Land und schreiben „Hass-Mails und Drohungen an ausländische Journalisten [...] wegen ihrer angeblich einseitigen Tibet-Berichterstattung“ (89). Kolonko zeichnet das Bild eines Nachbarn im globalen Dorf, der keineswegs nur unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei leidet, sondern diese (fast) immer noch klaglos akzeptiert – und hinnimmt, dass die Wanderarbeiter kaum Rechte haben, die Ausbildung eines Kindes von der Stellung der Eltern abhängt und eine ärztliche Versorgung vor allem für die Landbevölkerung oft immer noch unerschwinglich ist. Auch in den Bereichen Außenpolitik, Wirtschaft, Umwelt und Minderheiten wird der Zustand kritisch geschildert. Nur kleine und langsame Veränderungen kann die Journalistin ausmachen – die kommunistische Regierung ist nur zu Reformen bereit, die die eigene Vorherrschaft nicht gefährden. Politische und gesellschaftliche Veränderungen vollziehen sich deshalb viel langsamer als die wirtschaftliche Entwicklung. „Die Bedingungen für eine allgemeine Demokratie seien in China noch nicht vorhanden“, habe Ministerpräsident Wen Jiabao erklärt. „Aber er könne sich vorstellen, das System der demokratischen Wahlen zu den Dorfvorstehern auf die nächsthöhere Verwaltungsebene auszudehnen“ (257). Kolonko beschreibt mit diesem Zitat einen möglichen Weg Chinas zur Demokratie: Auf Geheiß der Regierung werden demokratische Spielregeln erst einmal auf den kommunalen Ebenen eingeübt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.68 | 2.22 | 2.23 | 2.25 | 2.26 | 4.22 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Petra Kolonko: Maos Enkel. München: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31348-maos-enkel_37307, veröffentlicht am 01.12.2009. Buch-Nr.: 37307 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken