Seit am 13. Januar 2010 ein Tschetschene in Wien auf offener Straße erschossen wurde, stehen die in Österreich lebenden tschetschenischen Flüchtlinge wieder im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Das Attentat ist für die Autoren der Anlass, sich mit dem Krieg in Tschetschenien sowie mit der Lebenssituation tschetschenischer Flüchtlinge in Österreich auseinanderzusetzen. Bei den in dem Band vertretenen Autoren handelt es sich um Journalisten, Sozialwissenschaftler, Berater und Therapeuten, aber auch die Flüchtlinge selbst kommen zu Wort. Das Spektrum der Beitragsformen reicht von journalistischen über wissenschaftliche Texte bis hin zu tschetschenischen Gedichten. Theresa Leitner behandelt die Schwierigkeiten von Migranten im Umgang mit Behörden und in Krankenhäusern. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die wichtige Funktion von Dolmetschern. Hervorzuheben ist auch der Beitrag von Wolfram Pergler, der eines der letzten Interviews mit der 2006 ermordeten russischen Journalistin Anna Politkowskaja geführt hat. Dieses ist in dem Band erstmalig veröffentlicht. Unter Tschetschenen in Österreich gilt es als offenes Geheimnis, so wird in den Beiträgen deutlich, dass sämtliche Akteure des Konfliktes wie der russische Geheimdienst, die Sicherheitsleute „Kadyrowzy“ des pro-russischen Präsidenten Kadyrow sowie die verschiedenen Fraktionen des bewaffneten Widerstandes auch in Österreich aktiv sind. Hinter allen Beiträgen steht deshalb auch die Frage, ob tschetschenische Flüchtlinge in Österreich auch wirklich dem Krieg entkommen sind. So verweisen die Herausgeber auf Bedrohungen und Einschüchterungen von Flüchtlingen durch den russischen Geheimdienst, die Agenten Kadyrows sowie auf Rekrutierungsversuche muslimischer Extremisten für den Dschihad in Tschetschenien.