Fast 70.000 Menschen haben in dem von 1980 bis zum Jahr 2000 andauernden Bürgerkrieg in Peru ihr Leben verloren oder sind verschwunden. Und „Tausende von Menschen, die die Wirren des Krieges überlebten, erlitten andere Formen der Gewalt“ (13), wurden überfallen, zwangsrekrutiert, vertrieben, vergewaltigt, gefoltert. Um das Geschehene aufzuarbeiten, wurde 2001 die peruanische Wahrheits- und Versöhnungskommission (CVR) ins Leben gerufen, die 2003 einen zwölfbändigen Abschlussbericht vorlegte. Die Autorin widmet sich der Arbeit der CVR unter einer wissenssoziologischen Fragestellung und untersucht die Wahrheitskonzeptionen der CVR sowie die Mechanismen der Wahrheitsproduktion: „Wer darf legitimerweise wo sprechen? Was darf/kann dort wie gesagt werden? Welche Konsequenzen sind damit verbunden?“ (171) Dabei betrachtet sie sowohl die institutionelle Ebene der Wahrheitskommission, die die Regulierung des Zugangs zur Wahrheitsproduktion betrifft, als auch die Mikroebene, wobei sie anhand der Aussagen von ausgewählten Zeuginnen und Zeugen „Strategien des Sprechens und der Positionierung“ (18) nachzeichnet. An diesen Zeugenaussagen wird deutlich, „dass Wahrheit ein umkämpftes Feld ist und hegemoniale Wahrheitskonzeptionen auch in einer Wahrheitskommission nicht unangetastet bleiben können.“ (80) Vielmehr sei das Verhältnis von Hegemonie und Subalternität immer wieder neu ausgehandelt worden. Durch ihren diskursanalytischen und dekonstruktivistischen Zugang ist der Autorin eine äußerst anregende und aufschlussreiche Analyse darüber gelungen, wie Wahrheitskommissionen „ungewollt eben jene Strukturen sozialer Ungleichheit reproduzieren können, deren zerstörerische Auswirkungen sie aufarbeiten sollen“ (19).