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Jan Schönfelder (Hrsg.)

Das Wunder der Friedlichen Revolution. Prominente Stimmen zum Herbst 1989

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2009; 210 S.; 14,80 €; ISBN 978-3-374-02669-2
„‚Wissen Se, wie bläde wir uns hier vorkomm? Als täten wir einen Panzerschrank von vorne bewachen, der hinten schon aufgeschnitten ist.’“ (55) Im Juli 1989, nachdem der ungarische Außenminister Horn mit einem Bolzenschneider die Grenze zwischen Ungarn und Österreich geöffnet hatte, sah wohl auch dieser DDR-Grenzbeamter, der gegenüber Gunther Emmerich seinen Unmut kundtat, keinen rechten Sinn mehr in seiner Bewachungsaufgabe. Der Opernsänger Emmerich gehört zu den Zeitzeugen, die der Autor zur friedlichen Revolution in der DDR befragte. Der Fragenkatalog ist dabei immer gleich, was zwar keine echten Gespräche hat entstehen lassen, aber durchaus Vorteile hat. So ergeben die Antworten auf die erste Frage, wann man 1989 zum ersten Mal gespürt habe, dass sich in der DDR etwas verändert, ein stimmiges Bild davon, dass sich die Demonstrationen keineswegs nur spontan entwickelten, sondern eine Vorgeschichte hatten. Auch wenn der Sturz des Regimes nicht vorhergesehen wurde, hatte sich doch ein Gefühl dafür ausgebreitet, dass es nicht wie bisher weitergehen konnte. Die zweite Frage ist der Kommunalwahl vom Mai 1989 gewidmet, mit deren Manipulation sich das Regime zu einem maßgeblichen Teil selbst die Legitimation entzog. Weiter fragt Schönfelder u. a., ob der Sozialismus für reformfähig gehalten wurde und wann der Befragte seine unpolitische Nische verlassen habe – obwohl die DDR im Ruf stand, eine Nischen-Gesellschaft gewesen zu sein, verweisen viele der Zeitzeugen darauf, nie in einer solchen gelebt zu haben, weder der Pfarrer Friedrich Schorlemmer noch die Theaterregisseurin Freya Klier, die sich durch Position und Tätigkeit ständig mit dem Staat konfrontiert sahen. Gefragt wird außerdem nach der Rolle des Neuen Forums und der Kirche, aber auch nach der Angst und den glücklichen Momenten. Und trotz aller Wenns und Abers auf die Frage, was von dem Aufbruch geblieben ist, wird ein positives Fazit gezogen. „Ich war frei“, schreibt Hans-Dieter Schütt, einst Chefredakteur der FDJ-Tageszeitung „Junge Welt“ über den Herbst 1989, – „Ende einer Selbstgeiselnahme“ (102).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.315 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jan Schönfelder (Hrsg.): Das Wunder der Friedlichen Revolution. Leipzig: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30628-das-wunder-der-friedlichen-revolution_36373, veröffentlicht am 05.08.2009. Buch-Nr.: 36373 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken