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Christopher Verlage

Responsibility to Protect. Ein neuer Ansatz im Völkerrecht zur Verhinderung von Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Tübingen: Mohr Siebeck 2009 (Jus Internationale et Europaeum 29); XVIII, 433 S.; 74,- €; ISBN 978-3-16-149812-1
Rechtswiss. Diss. Münster; Gutachter: C. Walter, D. Ehlers. – Der Autor liefert eine breite völkerrechtliche Analyse der entstehenden Norm einer Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft für Fälle, in denen nationale Regierungen nicht willens oder nicht fähig sind, ihre Bevölkerung vor massenhaftem Leid und Sterben zu bewahren. Diese, letztlich das Prinzip staatlicher Souveränität qualifizierende Norm entwickelte sich nicht zuletzt aus den Erfahrungen der internationalen Gemeinschaft im Kosovo oder in Ruanda während der 90er-Jahre. Verlage stellt hier wesentliche konzeptionelle Initiativen und insbesondere die Arbeit der „International Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS)“ dar, die mit ihrem Bericht im Jahre 2001 eine erste argumentatorische Absicherung dessen vornahm, was (erheblich modifiziert) schließlich als Willensbekundung der UN-Mitgliedstaaten seinen Weg in das Abschlussdokument des Weltgipfels von 2005 fand. Nicht zuletzt diese textliche Manifestation wertet der Autor als Grundlage, die Schutzverantwortung als existierende und bereits auch (rechtliche) Wirkung entfaltende Norm anzuerkennen. Auch für Politikwissenschaftler ist dabei die Durchmusterung vorhandener Rechtsquellen und insbesondere der Staatenpraxis hilfreich. Verlage erkennt in der Schutzverantwortung eine nicht mehr hintergehbare Norm, die – wenn auch keine automatische Wirkung oder rechtliche Verpflichtung – so doch zumindest Handlungs- und Begründungsdruck zum Einschreiten gegen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit etabliere. Tatsächlich argumentiert der Autor sogar für eine Durchsetzung dieser Norm abseits der etablierten Verfahren und Zuständigkeiten der UN-Charta und des Sicherheitsrates, falls dieser sich blockiere und auch die Generalversammlung kein Handlungsmandat erteilen könne: In diesen Fällen seien Handlungen von Regionalorganisationen zur Erfüllung der Norm zumindest nicht ausgeschlossen. Verlage diskutiert darüber hinaus auch die Möglichkeiten zur Wahrnehmung der Schutzverantwortung durch einzelne Staaten. Diese Konklusion mag eher in Linie des im Nachgang zum Kosovo-Einsatz der NATO entstandenen Konzepts der ICISS liegen.
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 4.1 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Christopher Verlage: Responsibility to Protect. Tübingen: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30605-responsibility-to-protect_36347, veröffentlicht am 20.05.2010. Buch-Nr.: 36347 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken