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Anne Duncker

Menschenrechtsorganisationen in der Türkei

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009; 264 S.; brosch., 39,90 €; ISBN 978-3-531-16245-4
Diss. Marburg; Gutachter: W. von Bredow; Gutachterin: U. Sputer-Stegemann. – Zivilgesellschaftliche Organisationen und insbesondere Menschenrechts-NGOs stellen in der Türkei ein relativ junges Phänomen dar und rücken erst langsam in das Blickfeld von Politik und Wissenschaft. Bei der Durchsetzung von Menschenrechten – ein für die Türkei im Zusammenhang mit der EU-Beitrittsdebatte zentrales innenpolitisches Thema – spielen sie eine bedeutende Rolle. Die Autorin untersucht in ihrer Politikfeldstudie die Beschaffenheit des Menschenrechtssektors. Sie hat Interviews mit Vertretern von 26 NGOs geführt. Auf dieser Basis untersucht sie Art und Ausrichtung, das jeweils zugrunde liegende Menschenrechts- und Staatsverständnis sowie die Positionierung innerhalb der NGO-Landschaft, gegenüber dem Staat und im EU-Prozess. Duncker zeigt einen weit verzweigten und ausdifferenzierten Menschenrechtssektor auf, in dem sich – so eine der Ausgangsthesen – die wesentlichen Konfliktlinien der türkischen Gesellschaft fortsetzen, wodurch eine horizontale Vernetzung der islamischen, kemalistischen und prokurdischen/linken Gruppen erschwert wird. Die Autorin analysiert die NGOs entlang der drei zentralen Konfliktlinien Religion versus Säkularismus, Zentrum versus Peripherie und – auf wissenschaftlicher Ebene – Universalismus versus Relativismus. Die Forderungen der NGOs weisen zwar im Allgemeinen viele Gemeinsamkeiten auf, die jedoch auf der konkreten Ebene auf starke Differenzen stoßen, sodass „nur wenig gemeinsames Aktionspotenzial aktiviert werden kann“ (215). Im Verlauf der Untersuchung sieht die Autorin auch ihre weiteren Thesen bestätigt: Die Positionierung der NGOs bezüglich dieser Konfliktlinien bestimme ihr Verhältnis zum Staat und zur EU. Zudem sei der EU-Integrationsprozess für eine Kooperation und Vernetzung eher hinderlich. Abschließend fragt Duncker nach den Bedingungen für eine bessere Zusammenarbeit und sieht in den sogenannten „soft issues“ (weniger politisierte Rechtsbereiche wie z. B. Frauen- oder Homosexuellenrechte) einen möglichen Katalysator für Kooperationen.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.63 | 2.22 | 2.23 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Anne Duncker: Menschenrechtsorganisationen in der Türkei Wiesbaden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30064-menschenrechtsorganisationen-in-der-tuerkei_35640, veröffentlicht am 18.02.2009. Buch-Nr.: 35640 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken