Skip to main content
Terry Parssinen

Die vergessene Verschwörung. Hans Oster und der militärische Widerstand gegen Hitler. Aus dem Englischen von Martin Richter

München: Siedler 2008; 283 S.; 22,95 €; ISBN 978-3-88680-910-3
Als Hitler und die Nationalsozialisten im September 1938 auf dem Höhepunkt ihrer Macht waren, bereitete der Diktator gemäß der Lebensraumideologie die Eingliederung des Sudetenlandes ins Deutsche Reich und die Zerschlagung der Tschechoslowakei vor. Mit dieser offenen Aufkündigung der Versailler Verträge forderte Hitler England und Frankreich heraus und riskierte einen Krieg. In dieser Situation entschlossen sich einige Personen aus der militärischen Führung um Hans Oster, die Herrschaft Hitlers gewaltsam zu beenden. Durch die Viermächtekonferenz in München scheiterte der bis ins Detail vorbereitete Staatsstreich sozusagen in letzter Minute. Bei der Sichtung des Deutsch-Nachlasses im Archiv des US Army War College fand Parssinen bisher unbekannte Dokumente um diesen kaum von der Geschichtswissenschaft aufgearbeiteten Aspekt des Widerstands. Er korrigiert die bisherige Darstellung der führenden Charaktere „als unentschlossen, ineffektiv oder ganz einfach als feige“ (14) und stellt fest, „dass die Verschwörer von 1938 einen akribisch ausgearbeiteten Plan besaßen, der einige Aussicht auf Erfolg hatte“ (18). In Parssinens Darstellung wird sehr deutlich, wie das Zusammenspiel von Offizieren, Polizisten, Diplomaten und Zivilisten funktionierte, welche Bedingungen dafür günstig waren und welcher Mittel sich diese auch noch in der Diktatur bedienen konnten. Zu Verzögerungen führte immer wieder die Frage, ob Hitler tatsächlich einen Krieg riskieren würde. Denn nur unter dieser Bedingung, so wird in der Untersuchung deutlich, konnten sich viele der Beteiligten zum aktiven Widerstand durchringen. Und da in diesem Kontext auch die Frage des Verhaltens der Siegermächte von Versailles bedeutsam ist, lautet auch das Urteil des Verfassers: „Das Schicksal der Verschwörung würde sich in London entscheiden“ (216). Parssinen macht letztlich die britische Appeasement-Politik für das Scheitern des geplanten Staatsstreichs verantwortlich.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.312 | 4.1 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Terry Parssinen: Die vergessene Verschwörung. München: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29910-die-vergessene-verschwoerung_35434, veröffentlicht am 13.01.2009. Buch-Nr.: 35434 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken