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Astrid Karl

Öffentlicher Verkehr im Gewährleistungsstaat. Der ÖPNV zwischen Regulierung und Wettbewerb. Hrsg. vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Berlin: edition sigma 2008; 357 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-89404-251-6
Diss. TU Berlin; Gutachter: A. Knie, H. Bodenschatz, G. F. Schuppert. – Mit der Reform des öffentlichen Verkehrs war ein grundlegender Strukturwandel anvisiert, der neben der Einführung von Wettbewerbsmechanismen und einer stärkeren Kundenorientierung den Rückzug des Staates aus der operativen Aufgabenerfüllung umfasste. Die Autorin untersucht die Reform des ÖPNV im Kontext des staatlichen Wandels vom Daseinsvorsorge- zum Gewährleistungsstaat und fragt, inwieweit mit den Reformen im ÖPNV tatsächlich eine ordnungspolitische Neuausrichtung einhergegangen ist. Sie unternimmt eine umfassende Analyse der organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen, betrachtet die aktuellen Problemlagen und skizziert die von der europäischen Gesetzgebung ausgelösten Reformanstöße. Dabei berücksichtigt sie beide – häufig getrennt behandelten – Bereiche des ÖPNV, den schienengebundenen SPNV und den straßengebundenen ÖPSV. Aus der Vorgeschichte des seit den 60er-Jahren unter finanziellen Druck geratenen ÖPNV und der seitdem versuchten Lösungsstrategien identifiziert die Autorin einen „Reformstrang, der als Verstärkung des öffentlichen Einflusses [...] beschrieben werden kann“ (97). Hierin sieht sie die Ursachen für die verschiedenen, an mehreren Stellen des Buches herausgearbeiteten, Widersprüchlichkeiten der Bahnstrukturreform und der Reform des Nahverkehrs. Aus der Perspektive des Gewährleistungsstaates, der verschiedene Formen der Verantwortungsteilung zwischen staatlichen und privaten Akteuren sowie Möglichkeiten gesellschaftlicher Selbstregulierung vorsieht, kommt die Autorin zu einem ernüchternden Ergebnis: Die getroffenen Maßnahmen stellten nur einen oberflächlichen Wandel dar; es handele sich um eine halbherzige und wegen Kompetenz- und Finanzierungskonflikten zwischen Bund, Ländern und Kommunen durch politische Kompromisse geprägte Reform. Die Realität in der Bundesrepublik sei „durch das Festhalten am alten Daseinsvorsorgemodell und an sonstigen verkehrspolitischen Traditionen“ (324) gekennzeichnet.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.343 | 2.32 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Astrid Karl: Öffentlicher Verkehr im Gewährleistungsstaat. Berlin: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29431-oeffentlicher-verkehr-im-gewaehrleistungsstaat_34826, veröffentlicht am 17.11.2008. Buch-Nr.: 34826 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken